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Aufräumhype dank Marie Kondo

Warum jetzt ALLE Aufräumen wollen

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STYLEBOOK Redaktion

20.01.2019, 08:27 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Die Kisten türmen sich bis zur Decke, in die Garage passt kein Auto mehr: Eine Netflix-Serie widmet sich vollgestopften US-Haushalten, die unter den Händen der japanischen Aufräum-Fee Marie Kondo vorzeigbar werden. Nachahmer fluten das Netz mit ihren Erfahrungen.

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Ausmisten soll so leichter fallen, glaubt man Gurus der Szene wie der japanischen Bestsellerautorin Kondo. Nicht zuletzt mit ihrer neuen Netflix-Serie hat sie die verhasste Kindheitsaufgabe zu einer Art Trendsportart gemacht. Das zeigt sich vor allem in sozialen Medien. In „Aufräumen mit Marie Kondo“ hilft die zierliche Mittdreißigerin („Magic Cleaning“) US-Amerikanern, wieder die Kontrolle über das eigene Leben zu gewinnen – zwischen Kleiderbergen und bis zur Decke reichenden Baseballkartensammlungen. Stets adrett und in pastelligen, zum Sofabezug passenden Farben gekleidet, referiert sie über das richtige Zusammenfalten von Tops, die Aufbewahrung von Fotos in Alben und das Verstauen von Weihnachtsdeko.

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Origami für Jeans & Shirts

Ja, dabei brauchen Menschen im Jahr 2019 allem Anschein nach Nachhilfe. Das Internet ist voll mit Illustrationen, die zum Beispiel Kondos Falttechnik für Kleidung Schritt für Schritt erklären – eine Art Origami für Jeans und T-Shirts, damit diese am Ende in der Schublade stehen statt liegen. Für die bessere Übersicht. Die wohl wichtigste Kondo-Regel fürs Ausmisten: Behalten soll man nur Dinge, die Freude entfachen. Freude? So, wie wenn man einen Welpen halte, formuliert es Kondo in der Sendung. Resultat sind in einer Folge der Serie 150 große Müllsäcke voller Kram. Aus einem Haushalt.

Kondo erreicht schon länger auch auf YouTube tausende Menschen. Den sozialen Medien hat sie neue Statussymbole beschert: Auf Facebook gibt es allein im deutschsprachigen Raum mehrere Aufräumgruppen mit Tausenden Mitgliedern, in denen Tipps und Erfolge geteilt werden.

Aufräumen ist Bereicherung für Alltag

Aufräumen soll gemäß der Expertin nicht weniger als eine Lebensveränderung sein, die auch noch Spaß machen soll. „Aufräumen als ein Fest erleben“, unter diesem Titel ist bald in Berlin eine Veranstaltung zum Thema angekündigt. In der Serie zeigt sich Kondo darüber hinaus überzeugt, dass Paare durch Aufräumen näher zusammenfinden und eine Bereicherung ihres Alltags erleben.

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„Das bisschen Haushalt“ und alles was dazu gehöre, sei tatsächlich sehr häufig der – scheinbare – Stein des Anstoßes in Beziehungen, erklärt die Berliner Paartherapeutin Daniela Bernhardt. Wenn der Haussegen schief hänge, liege das aber selten wirklich an der falsch eingeräumten Spülmaschine oder den rumliegenden Socken: Abnehmende Toleranz und Verweigerung könnten Folge tieferliegender Konflikte sein, „wie zum Beispiel mangelnde Wertschätzung oder fehlende Erotik“, so die Expertin.

Kondos Methode scheint also doch Grenzen zu haben. Klar ist aber: Anders als bisherige deutsche Coaching-Serien wie „Super Nanny“ oder „Raus aus den Schulden“ widmet sie sich einem Thema, dem in der westlichen Welt kaum jemand komplett entsagen kann: dem Umgang mit Konsum. Knapp 60 Gegenstände hätten unsere Urgroßeltern besessen, hieß es kürzlich im Film „100 Dinge“ mit Matthias Schweighöfer, heute seien es im Schnitt um die 10.000.

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Das sagt ein Aufräumcoach

Einen Grund für den Sammeltrieb sieht der Hamburger Aufräumcoach Clemens Neuhauser in einer „tiefen Prägung“, wie er der Deutschen Presse-Agentur sagte. „Sammeln hat sich im Laufe der Evolution bewährt.“ Erst seit etwa 1950 gebe es einen materiellen Überfluss, im Umgang damit sei das menschliche Gehirn aber überfordert. „Schnäppchen fühlen sich einfach großartig an“, sagt Neuhauser über überflüssige Käufe. Das Anhäufen habe in manchen Fällen komplexere Ursachen wie einen in der Kindheit erlebten Mangel. „Diese Menschen brauchen eher Methoden, um mit schwierigen Gefühlen umzugehen.“

Viele seiner Kunden hätten Kondos Bücher gelesen, sagt Neuhauser, der eigentlich Architekt ist. Ihre Strategien hält er für hilfreich, um Strukturen zu schaffen, in denen Ordnung möglich ist: etwa eine neue Einteilung für den Schrank. Nach seiner Erfahrung besitzen manche Menschen aber schlicht zu viele Dinge, als dass sie überhaupt sinnvoll Ordnung schaffen könnten. Das Problem loszulassen hänge damit zusammen.

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