30. April 2018, 10:02 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Wer in Deutschland mit Mode sein Geld verdienen will, hat es nicht leicht. Vor zwei Jahren wagte die Berliner Designerin Meike Legler in Los Angeles den Neuanfang und entwirft jetzt statt Kleidungsstücken Kunst aus Textilien. Und Hollywood liebt ihre Kreationen! Ein Gespräch über Inspiration, Heimweh und prominente Kunden.
Ihre Kunst ist abstrakt und kombiniert starke Farben und Formen – die deutsche Künstlerin Meike Legler schafft in Los Angeles Bilder, die viel Raum für persönliche Interpretation lassen. Wer denkt, es handle sich dabei um Ölgemälde, der dürfte überrascht sein: Leglers Kunstwerke sind aus Stoff gefertigt. Ursprünglich sei es nie ihr Plan gewesen, Künstlerin zu werden, sagt die 34-Jährige. Doch als die Karriereaussichten als Modedesignerin in Berlin immer schlechter wurden, entschloss sie sich gemeinsam mit ihrem Mann, einem Amerikaner, ihr Glück in den USA zu suchen. Mehr durch Zufall entstand dort ihr erstes Textilbild, das direkt einen Käufer fand. Tatsächlich scheint die Auswanderin mit ihren Kreationen einen Nerv in Sachen Interior getroffen zu haben.
STYLEBOOK: Wie bist du von der Mode zur Kunst gekommen?
Meike Legler: „Das hat sich wie so oft im Leben einfach ergeben. Nach meinem Abschluss in Modedesign an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin 2010 habe ich ein Jahr lang als Designassistentin bei einem New Yorker Label gearbeitet. Aus Mangel an Jobmöglichkeiten im Designbereich in der Hauptstadt habe ich nach meiner Rückkehr gar nicht mehr designt, sondern war in den Bereichen Styling und Einkauf tätig. Parallel dazu habe ich ein eigenes kleines Label gegründet, unter dem ich Kissenbezüge mit geometrischen Mustern, Duschvorhänge und Bettwäsche produziert habe. Vor zwei Jahren haben mein Mann und ich beschlossen, nach Los Angeles auszuwandern – und ich habe meine Stoffe mitgenommen. Vielleicht war es die neue Umgebung, auf einmal kam mir eines Nachmittags die Idee, statt Kissenbezügen einfach mal ein Bild zu nähen, das ich dann über einen Rahmen gespannt habe.“
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Welche Materialien verwendest du genau und wie entsteht ein Bild?
„Für meine Bilder verwende ich ganz unterschiedliche Stoffe, von Baumwolle mit einer glatten Oberfläche bis zu festem Canvas und gröberen Leinenstoffen. Inzwischen integriere ich auch Acrylfarbe in meine Kunst, und die Komposition beginnt immer mit einer Handzeichnung. Diese Skizze arbeite ich dann am Computer weiter aus und spiele mit verschiedenen Farbpaletten. Sobald ich die Version gefunden habe, die mir gefällt, setze ich diese um. Ich greife also zu Schnittpapier, Schere und Stift und führe den Prozess fort bis das Bild schließlich fertig ist. Der letzte Schritt – mein Lieblingsmoment – ist das Spannen des Bildes über den Rahmen. Plötzlich wird das Bild dreidimensional, die Oberfläche ist komplett glatt und die Kreation erwacht zum Leben. Es ist ein bisschen wie beim Nähen von Kleidern: Erst wenn die letzte Naht geschlossen ist, ist es wirklich ein Kleidungsstück.“
In diesem Video bekommt man eine Vorstellung von ihrer Arbeit:
Wie gelang dir mit dieser Idee der Durchbruch?
„Ich habe mit kleinen Formaten gestartet und nach und nach sind meine Werke immer größer geworden. Ich veröffentlichte das Bild auf Instagram und auf einmal ging alles ganz schnell. Die Resonanz war super, ich hatte schnell mein erstes Bild verkauft und auch eine Galerie hat sich für meine Arbeiten interessiert. Ich produziere nun immer mehr, konnte Kontakte zu Interior-Designern und Kunsthändlern knüpfen und verkaufe inzwischen sowohl direkt an Kunden als auch über mein Netzwerk. Und jeder Kunde, der etwas teilt und darüber spricht, zieht neue Interessenten an. Sichtbarkeit ist sehr wichtig.“
Fiel dir der Weggang aus Berlin schwer?
„Es ist natürlich schade, Freunde und Familie so selten zu sehen. Aber ich habe in Berlin immer sehr unter dem Wetter und der dunklen Jahreszeit gelitten. Jetzt bekomme ich gar nicht genug von der Sonne! Wir genießen das wunderbare Klima hier. Seit ich letztes Jahr im November in mein Atelier gezogen bin – vorher habe ich von zu Hause aus gearbeitet und hatte nur begrenzt Platz – konnte ich die Größe meiner Formate steigern. Ich glaube, Los Angeles und der neue Arbeitsraum haben mir auch die Freiheit gegeben, mehr auszuprobieren und wagemutiger zu werden.
Was inspiriert dich?
„Der Lifestyle in Los Angeles hat meine Kunst organischer werden lassen, noch vor einem Jahr waren die Bilder geometrischer. Je länger ich hier bin, desto fließender wird auch mein Stil. Mich inspirieren die Architekturklassiker in den Hollywood Hills oder die Natur und lange Wanderungen durch die Ojai Wüste. Aber auch Dinge und Menschen, die mir im Alltag begegnen, spielen eine große Rolle. Es kann auch ein schön angerichtetes Essen sein, das mich zu einer Komposition inspiriert – alles was ich erlebe, liefert neue Ideen!“
Wer kauft deine Bilder?
„Meine Kunden kommen aus allen Bereichen und verschiedenen Ländern. Oft arbeite ich mit Interior-Designern zusammen, die Werke im Rahmen eines Raumkonzepts für ihre Kunden auswählen. Oder ich bekomme Aufträge von Hotels für die Ausstattung der Zimmer. Aber es sprechen mich auch Leute via Email oder auf Instagram an, die sozialen Netzwerke sind ein wichtiger Kanal für mich. Ein Promi ist auch unter meinen Kunden, seinen Namen darf ich nicht verraten, aber er spielt einer typischen LA-Crime-Serie mit und ist beim US-Fernsehpublikum äußerst beliebt.“
Verrätst du uns, welches dein Lieblingsbild ist?
„Das ist interessanterweise meist das Bild, an dem ich aktuell arbeite. Mein letztes trägt den Titel ,Flake‘ und macht die ,Stofflichkeit‘ durch sichtbare Fransen und Überschneidungen vielleicht etwas deutlicher als frühere Werke. Ich glaube, dass ich mit diesem Bild die Schwelle zu einem neuen Stil überschritten habe und außerdem liebe ich Pink und Grün einfach! Ich mag das Bild sogar so gerne, dass ich mir gar nicht sicher bin, ob ich es verkaufen würde.“
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