12. März 2024, 17:42 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Aktuell spricht die ganze Filmwelt über Sandra Hüller. Die deutsche Schauspielerin war gerade erst für einen Oscar als „Beste Schauspielerin“ für ihre Rolle in dem Film „Anatomie eines Falls“ nominiert. Für ihren großen Einfluss auf die Filmbranche gibt es schon einen Begriff: den Hüller-Effekt. Aber wer ist die Frau, die derzeit in aller Gelassenheit diesen Erfolg verzeichnet?
Unaufgeregt, überlegen und gleichzeitig nahbar, geheimnisvoll, facettenreich, uneitel. Um Sandra Hüller zu beschreiben, oder die Wirkung, die sie hinterlässt, lassen sich viele Adjektive aneinanderreihen. Und die könnten nicht unterschiedlicher sein. Vermutlich ist genau das ein Teil von dem, was Sandra Hüller derzeit so beliebt macht: ihr Facettenreichtum.
Übersicht
Sandra Hüller – zwischen Oscarverleihung und Theaterbühne
Am vergangenen Sonntagabend saß Hüller bei der Oscarverleihung zurecht zwischen Cillian Murphy und Emma Stone, schaute dabei zu, wie zwei der Filme, in denen sie die Hauptrolle spielt,auf großem Screen angeteasert werden. Denn: beide Filme waren nominiert. Sie schaute ebenfalls mit stolzen Augen dabei zu, wie sie selbst in der bedeutenden Kategorie „Beste Schauspielerin“ nominiert wurde. Und nächste Woche steht sie selbst wieder auf der Theaterbühne für „Hamelt“. Denn bevor Hüller ihre Filmkarriere begann, war sie bereits eine feste Große auf den deutschen Theaterbühnen.
Sandra Hüller stammt aus Suhl in Thüringen. Die Tochter zweier Pädagogen besuchte die Ernst-Busch-Schauspielschule in Berlin, spielte am Theater in Jena, Leipzig und München. Ihr erster großer Film war Requiem von Hans-Christian Schmid. Mit ihrer Rolle in Maren Ades Film Toni Erdmann von 2016 gelang ihr der große schauspielerische Durchbruch. Aber erst heute spricht alle filmbegeisterte Welt über Sandra Hüller – auch über Deutschland hinaus.
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Ist Sandra Hüller die beste Schauspielerin in Deutschland?
Die Branche gibt ihr heute oftmals den Titel „beste Schauspielerin in Deutschland – oder gar in Europa. Dass gerade alle über sie sprechen, liegt auch an ihren beiden bahnbrechenden Rollen in den Filmen: „Anatomie eines Falls“ und „Zone of Interest“.
Die Rollen könnten nicht unterschiedlicher sein. In „Anatomie eines Falls“ spielt Hüller die Schriftstellerin Sandra, die des Mordes an ihrem Ehemann angeklagt ist. Sie bleibt den ganzen Film über distanziert und geheimnisvoll. In „Zone of Interest“ ist sie zwar ähnlich kalt, aber auf einer bedacht anderen Ebene. Dort verkörpert sie Hedwig Höß, die eiskalte Ehefrau des Lagerkommandanten von Auschwitz, die nahezu besessen von ihrem idyllischen Leben ist, welches skrupellos neben dem Konzentrationslager stattfindet.
Rolle wurde für sie geschrieben
Für ihre Rolle als Sandra in „Anatomie eines Falls“ wurde sie für den Oscar als „Beste Schauspielerin“ nominiert. Justine Triet, die Produzentin des Filmes, schrieb das Drehbuch gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Arthur Harari für Sandra Hüller. Triet gewann für den Film nicht nur einen Oscar für „Original Screenplay“, sondern auch als die dritte Frau in der Geschichte des Filmfests Cannes die Goldene Palme. In Cannes spielte Hüller aber gleich mehrmals eine wichtige Rolle. Auch „Zone of Interest“ gewann einen den „Großen Preis der Jury“, einen sehr bedeutenden Preis der Filmfestspiele.
Seither sprechen alle vom Hüller-Effekt: Taucht sie in einem Film auf, scheint der Erfolg garantiert. Auch die wohl mitunter wichtigste Kategorie der Oscarverleihung „Best Picture“ verzeichnet die beiden Filme, in denen Hüller die Hauptrollen spielt.
Auch, wenn einige Sandra Hüller erst heute aufmerksam beobachten, spielte sie schon in unzähligen Filmen mit (unter anderem in „Fack ju Göhte“) und ist seit mehr als zwanzig Jahren eine feste Größe auf deutschen Theaterbühnen. 2003 erhielt sie den Preis als beste Nachwuchsschauspielerin. Zuletzt wurde sie 2020 für ihren Hamlet am Schauspielhaus Bochum ausgezeichnet.
Sandra Hüller begeistert durch ihre Art
Dass Sandra Hüller die Art von Künstlerin und Schauspielerin ist, der es einfach als Lebensaufgabe zugeschrieben scheint, ist offensichtlich. Ihren Erfolg vereint nicht nur ihre Gabe, ihr Talent, ihre Disziplin, ihr Fleiß und die harte Arbeit, sondern auch ihre ganz besondere Art. Eine nahezu sanfte und zeitgleich starke Aura, die sie umgibt. Sie scheint immer bedacht in ihren Interviews, dabei dennoch verletzlich und äußerst professionell. Sie sagt nie zu viel, und nie zu wenig. Dass sie nicht den Ruhm liebt, sondern ihre Arbeit als Schauspielerin, wird schnell klar – von Starallüren oder klischeehaften, übergroßen Sonnenbrillen keine Spur.
Bei ihren Rollen wiederholt sich nichts, sie verwandelt sich immer wieder neu und überrascht die Zuschauer, denn davor hat sie keine Angst. Statt sich auf ihre Außenwirkung zu konzentrieren, versucht Hüller bei ihren Rollen nur jene anzunehmen, mit denen sie sich selbst wohlfühlt. Besonders ihre Stimme gehört zu ihrem Markenzeichen. Sie ist sanft, jung und verletzlich, aber gleichzeitig auch ausdrucksstark und bestimmt. In all ihren Rollen findet sie mit ihrer Stimme einen Zugang.
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Über ihr Privatleben ist kaum etwas bekannt
Zwar sprechen derzeit alle über Sandra Hüller, aber anders als bei anderen Schauspielern, geht es hier ausschließlich um ihre Arbeit. Viel gibt sie sonst nicht von sich preis. Das wirkt aber weder strategisch noch gezwungen geheimnisvoll, sondern äußerst authentisch. Sie wahrt lieber ihre Arbeit, macht das Schauspiel zu ihrer Kunst, spricht über das, was wir von ihr sehen und was sie uns auch erlaubt zu sehen. Denn Hüller gibt in ihren Rollen, in den Figuren, die sie so beeindruckend verkörpert, schon genug von sich preis. Und man möchte einfach nur mehr.