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Jessica Alba, Christiane Arp, Lady Gaga, ...

Warum so viele Frauen unter dem „Imposter Syndrome“ leiden 

Frauen im Büro klatschen für eine Kollegin oder Chefin
Sie machen Ihren Job richtig gut, glauben aber, Sie könnten es eigentlich nicht und warten nur ängstlich darauf, dass die anderen das merken? Dann sind Sie vielleicht auch vom Imposter-Syndrom betroffen. Foto: Getty Images
Carmen Dörfler
Redakteurin STYLEBOOK

2. Februar 2023, 16:02 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Kennen Sie das: Sie haben im Job einen großartigen Erfolg erzielt, werden dafür gefeiert und sagen dann „Ach, das war nur Glück, das hat nichts mit mir zu tun“? Dann könnten Sie unter dem „Imposter Syndrome“ leiden. Was das ist und wie Sie dagegen am besten vorgehen, verrät Diplom-Psychologin Nicole Engel im Interview mit STYLEBOOK.

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Was haben Schauspielerin und Unternehmerin Jessica Alba, Ex-Chefredateurin der deutschen „Vogue“ Christiane Arp oder Lady Gaga gemeinsam? Sie sind alle erfolgreiche Frauen, die unter dem „Imposter Syndrome“ leiden. Menschen, die unter dem, zu Deutsch, Hochstapler-Syndrom leiden, haben ständige Selbstzweifel und besonders im Job das Gefühl, den Anforderungen nicht gerecht werden zu können. Sie denken, dass sie eigentlich gar nicht für die Stelle, die sie besetzen, geeignet sind – egal, wie erfolgreich sie sind. Die verzeichneten Erfolge schreiben sie dann eher dem Glück zu, als ihrer harten Arbeit, ihren guten Ideen und dem eigenen Durchhaltevermögen. Auch Lady Gaga, Billie Eilish oder Emily Ratajkowski haben bereits darüber gesprochen, das „Imposter Syndrome“ zu gut zu kennen.

Den Begriff „Imposter Syndrome“ gibt es seit den 1970ern. Damals entdeckten Psychologen das „Imposter Syndrome“ bei Frauen, die in ihren Jobs überdurchschnittlich viel leisteten. Erst später fanden Experten heraus, dass das Hochstapler-Syndrom auch bei Männern vorkommen kann. Jedoch sei der Anteil an betroffenen Frauen deutlich höher, so Diplom-Psychologin Nicole Engel. „Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass es etwa doppelt so viele Frauen wie Männer betrifft. Und zwar richtig erfolgreiche Frauen.“ Auch Michelle Obama, Billie Eilish oder Emily Ratajkowski haben bereits darüber gesprochen, das „Imposter Syndrome“ zu gut zu kennen.

Dabei findet Engel den Begriff missverständlich. „Es sollte eher Tiefstapler-Syndrom heißen, statt Hochstapler-Syndrom. Denn es betrifft nicht die, die denken, sie seien toll, es aber nicht sind, sondern eben diejenigen, die wirklich Tolles leisten und das nicht anerkennen können.“ Betroffene lebten in ständiger Angst, entlarvt zu werden. „Es ist als hätten die Betroffenen eine Tiara, eine unsichtbare Krone auf, aber jeden Tag kann es sein, dass mir jemand die Tiara wegnimmt.“

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Jessica Alba oder Ex-Vogue-Chefin Christiane Arp leiden darunter

Jessica Alba erklärte beispielsweise in einem Interview für die Karriereplattform inc.com, dass sich Selbstbewusstsein aufzubauen „der schmerzhafteste Teil meiner Reise“ war. „Unsicherheit, das Hochstapler-Syndrom und ein Gefühl von Wertlosigkeit haben mich mein ganzes Leben lang begleitet“, so das Multitalent weiter. Sie habe so viel Zeit verschwendet, „mich schrecklich wegen meiner selbst zu fühlen.“ Dabei ist sie nicht nur als Schauspielerin, sondern auch als Unternehmerin erfolgreich. Ihre „The Honest Company“ vertreibt bereits seit über einem Jahrzehnt erfolgreich Baby- und Pflegeprodukte.

Auch Christiane Arp, die 18 Jahre lang als Tonangeberin der größten deutschen Modezeitschrift erfolgreich war, sprach kürzlich im Interview mit dem Magazin „Der Spiegel“ offen über ihre Erfahrung mit Depressionen und dem Hochstapler-Syndrom: „Als ich 2003 Chefredakteurin der „Vogue“ wurde, fühlte ich mich wie das Kaninchen vor der Schlange. Ich glaubte, ich wäre dem nicht gewachsen. Weil ich – und das ist immer noch so – zu viel Angst vor dem Versagen habe. Ich befürchtete, dass man mich irgendwann als Hochstaplerin enttarnen würde, weil sich herausstellt, dass ich kein fundiertes Wissen habe.“ Auf die Frage, wann das aufgehört habe, antwortete die 61-Jährige: „Nie. Aber heute kann ich sagen, dass ich auf dem Weg bin, bei mir anzukommen.“

Woher kommt das „Imposter Syndrome“?

Was jedoch löst dieses Gefühl des Nicht-gut-genug-seins vor allem bei Frauen aus? Valerie Young, Autorin von „The Secret Thoughts of Successful Women: Why Capable People Suffer from the Impostor Syndrome and How to Thrive in Spite of It“ und Expertin für das Hochstapler-Syndrom erklärt laut „Wirtschaftswoche“, dass die Ursachen dafür bereits in der Kindheit liegen können: „Das Syndrom kann durch falsche Botschaften in der Erziehung ausgelöst werden, die zu einem unerschöpflichen Perfektionismus führen. Zum Beispiel, wenn die Eltern einem Kind ständig sagen, dass es sehr klug ist.“ So habe das Kind nie das Gefühl, genug zu sein und noch höhere Ziele erreichen zu müssen.

Doch auch das Gegenteil kann ein „Imposter Syndrome“ auslösen, so Nicole Engel: „Gehen wir von einem narzisstischen Vater aus, der die Erfolge des Kindes nicht einfach loben kann, weil er es selbst nicht gelernt hat und stattdessen sagt: ‘Da hättest du noch etwas besser machen können‘. So lernt das Kind, dass die eigenen Erfolge nie ausreichen.“

Aber auch der ständige Vergleich mit anderen könne laut Young das „Imposter Syndrome“ verstärken. Daher seien auch Frauen anfälliger für das Hochstapler-Syndrom. Bei ihnen läge der Fokus von Kindheit an mehr auf ihren Fehlern als auf ihren Erfolgen. Das kann im Erwachsenenalter zu erheblichen Selbstzweifeln und Unsicherheiten an den eigenen Fähigkeiten führen.

Weiterhin sieht Engel in der Praxis die Symptome häufig an Personen mit bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen. „Menschen, die unter dem Hochstapler-Konstrukt leiden, weisen häufig bestimmte Persönlichkeitsdimensionen auf. Dazu gehört der Neurotizismus. Dabei lassen Betroffene ihren Gefühlen selten freien Lauf, sondern zeigen Emotionen sehr kontrolliert. Auch sehr sensitive Menschen, die von Reizen schnell überfordert sind oder Emotionen weniger regulieren können und eine erhöhte Neigung zu Ängstlichkeit und Empfindsamkeit haben, können betroffen sein.“

„Imposter Syndrome“ kann sich auch im Privaten auswirken

Doch das „Imposter Syndrome“ kann auch Auswirkungen im privaten Bereich haben. Viele Menschen fühlen sich verantwortlich für Beziehung und Kinder und versuchen auch hier ihr Bestes zu geben, aus Angst, das Gegenüber enttäuschen zu können, wenn sie es nicht tun. So schlimm das klingt, macht Diplom-Psychologin Nicole Engel doch Mut: „Die Veranlagung zum Imposter-Syndrom kann uns ein Stück weit in die Wiege gelegt, aber auch über die Lebens- und Lerngeschichte verstärkt werden. So kann man es aber auch wieder verlernen.“

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Was hilft gegen das Gefühl der Hochstapelei?

Dazu sollten Sie, wenn Sie betroffen sind, zuerst Ihre verzerrte Wahrnehmung ändern: „Betroffene Personen legen ihre Wahrnehmung immer auf das Negative, das, was noch nicht ausgereicht hat. Das wird uns leider bereits in der Schule so vermittelt. Im Job geht es dann weiter, wir sind ständig auf Optimierung aus. Stattdessen sollten wir uns vor Augen halten, was wir gut gemacht haben. Wir dürfen stolz auf uns und unsere Leistung sein.“ Wichtig sei, die verzerrte Wahrnehmung langfristig zu verändern. „Es passieren ja auch immer gute Dinge. Doch Personen, die unter dem Imposter-Syndrom leiden, bewerten Erfolge immer nach der externen Kausalattribution. Das bedeutet, alles, was gut gelaufen ist, schiebe ich auf Faktoren im Außen, während alles, was schlecht läuft, internal kausalattribuiert und damit mir selbst zugeschrieben wird. Das haben wir meist im Laufe unserer Sozialisierung so gelernt und können das aber auch wieder verlernen.“

Doch, wie kann das funktionieren? Dazu müsse man sich, laut Engel, zuerst bewusst werden, dass man betroffen ist. „Nachdem Sie diesen Text gelesen haben, wird Ihnen bewusst, ich habe das. Ab dann können Sie darauf achten, wann diese Situationen auftreten. Sobald Ihnen klar wird, dass gerade Ihr Imposter-Syndrom übernimmt und Sie Ihr Licht unter den Scheffel stellen, tun Sie genau das Gegenteil von dem, was Sie eigentlich tun würden. Schieben Sie das gute Ergebnis nicht auf andere, sondern sehen Sie die Ursachen für den Erfolg in sich selbst, in Ihrer harten Arbeit. Das ist wie Fahrrad fahren, wir müssen das üben, üben, üben.“

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Dafür weiß die Expertin noch einen weiteren Trick: „Nehmen Sie sich am Ende des Tages bewusst Zeit, drei Dinge aufzuschreiben, die heute gut liefen und schreiben Sie dazu, was Ihr Anteil daran war.“ Das müssten keine großen Erfolge, wie abgeschlossene Projekte, sein. Auch kleine Momente zählen! „Wenn Sie ein gutes Gespräch mit einer Kollegin hatten, die mit einem Problem zu Ihnen kam und sich anschließend besser gefühlt hat, weil Sie sich einfühlen, empathisch reagieren und ihr helfen konnten, ist das ein Erfolg!“

Auch Bücher oder Podcasts zum Thema empfiehlt die Psychologin, um mit dem Hochstapler-Syndrom umzugehen. Erst, wenn Sie merken, Sie rutschen immer wieder in dieses Muster, sind nie zufrieden und leiden darunter, könne ein Businesscoaching sinnvoll sein. „Meist reichen jedoch ein paar Impulse, um das Problem in den Griff zu kriegen.“

Das Wichtigste: Geben Sie sich Zeit. Das „Imposter Syndrome“ ist die Summe der Konditionierungen Ihrer Kindheit, dessen, was Sie über Jahre oder Jahrzehnte erlernt haben – so viel Mühe Sie sich auch geben mögen, von heute auf morgen bekommen Sie die Gedankenmuster nicht heraus. Sich dessen aber bewusst zu werden, ist bereits der erste Schritt in die richtige Richtung. Gehen Sie weiter und seien Sie sich sicher: Sie werden Erfolg damit haben.

Quellen:

Themen Mental Health
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