18. Dezember 2020, 11:34 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Mama, hast du meine Maske? Mama, muss ich in Quarantäne? Mama, ist Corona noch da, wenn ich 18 bin? Wenn mir jemand vor einem Jahr gesagt hätte, welche Fragen 2020 bestimmen würden, ich hätte ihn für verrückt erklärt. Wie Abstriche, Lockdown, Homeschooling und Abstandsregeln unser (Familien-)Leben verändert haben.
Es ist ein Déjà-vu: Wieder sitze ich morgen um 6.13 Uhr vorm Rechner, um die paar ruhigen Minuten auszunutzen, bis die Kinder angetapst kommen, sich auf den Schoß drücken und Kakao fordern. Lockdown, die 2. Alles schon mal dagewesen in diesem seltsamen Jahr, trotzdem fühlt es sich irgendwie anders an. Weil die Kräfte weniger werden, die Ideen auch und die Argumente schwächer. „Kann ich was gucken?“ Die Große nervt so lange und so nachdrücklich, bis ich einknicke. Und das tue ich heute deutlich schneller als im April.
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Herzrasen bei jeder Kita-Mail
Es ist Dezember und wir haben knapp drei Monate Komplett-Home-Bespaßung auf dem Buckel, insgesamt vier Wochen Quarantäne (eine davon ereilte uns ausgerechnet im Juli bei den Ü-75-Großeltern im Süddeutschland-statt-Sardinien-Sommerurlaub), diverse Testungen, unzählige geplatzte Geburtstagspartys, viel Unsicherheit, viele Enttäuschungen. Ab August bekam ich bei jeder eingehenden Email vom Klassen- oder Kitaverteiler Herzrasen und feuchte Hände – ein Positiv-Fall? Alles wieder dicht? Erstaunlich eigentlich, dass wir so gut durchgekommen sind.
Glotzverbot bis Weihnachten
Jetzt wieder Lockdown, und tatsächlich macht die Klarheit manches leichter. Auch wenn die Tage zäh und lang und dunkel sind. Der virtuell eingerichtete Lernraum der Schule funktioniert nur sporadisch, die Hausaufgaben stapeln sich und die Vorstellung, dass es bis in den Frühling so weitergeht, drückt mir auf den Magen. Homeschooling eskaliert bei uns grundsätzlich und endet in Schreierei, angedrohtem Auszug und einem von mir ausgesprochenen Glotzverbot bis Weihnachten, das nach zwei Stunden sabotiert wird. Playmobil ist langweilig, Bügelperlen auch, und die 10 Puppen liegen verteilt in den Kinderzimmerecken unter ausgekippten Kapla-Steinen, mit nichts bekleidet außer Mini-Mundschutzen, die die kreative Tante zu Ostern genäht hat.
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Zum Heiraten ins Gesundheitsamt
Die Bude kommt mir abgenutzt und runtergewohnt vor nach der vielen Zeit zu Hause, die Heizung läuft auf Hochtouren, Spülmaschine und Waschmaschine auch. Beim Spazierengehen sehen wir ein Hochzeitspaar vorm Rathaus aus dem Taxi steigen, mit Mundschutz, und meine fünfjährige Tochter will wissen, ob die jetzt zum Gesundheitsamt gehen, um zu heiraten. Ich frage mich, ob sie sich überhaupt noch daran erinnern kann, wie es war, einfach ohne Maske in den Rewe oder den dm zu latschen und am Samstagnachmittag dicht gedrängt im Kino zu sitzen.
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Die Kinder freuen sich wahnsinnig auf Weihnachten, machen Listen, streichen die Tage bis zum 24. ab. Ich kann da nicht mithalten in diesem Jahr, das so viel Kraft gekostet hat. Wir hocken ja ohnehin die ganze Zeit aufeinander und essen, da heben sich die Feiertage nicht ab. Außer dass die Bude noch chaotischer aussehen wird und der Baum nadelt. Und dann Silvester und wieder Feiertage und weiter Lockdown. Alles ein Brei ohne nennenswerte Highlights. Gleichzeitig weiß ich, dass es viele gibt, die es viel härter erwischt hat als uns. Die um ihre Existenz bangen, um Angehörige trauern, die komplett allein sind in dieser düsteren Zeit. Am Ende bleibt allen die Hoffnung auf den Impfstoff, den Frühling und die Sonne. Und die wird wieder scheinen. Irgendwann. Ganz sicher. Glaube ich zumindest. Oder hoffe ich es nur? So ganz genau weiß ich das nicht.