16. Februar 2024, 5:47 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Sie kann keine Kinder bekommen, hat keinen Mann oder Karrierepläne – diese drei Möglichkeiten sind die wohl gängigsten Erklärungsansätze dafür, wenn eine Frau über 30 „noch“ keine Mutter ist. Unsere Autorin ärgert sich darüber, dass es trotz aller Aufgeschlossenheit heute immer noch ein scheinbares Thema ist, wenn die Worte „gewollt“ und „kinderlos“ in einem Atemzug genannt werden.
„Hat sie schon Kinder?“ Nur wenig subtil impliziert dieses „schon“, dass es früher oder später natürlich dazu kommen wird. Männer können sich mit dem Kinderkriegen etwas länger Zeit lassen, bei Frauen dagegen tickt die biologische Uhr da schon früher und lauter. Heißt auch: Es muss (!) einen Grund dafür geben, wenn kein Baby in Sicht ist.
Reicht es nicht, einfach keine Kinder zu wollen?
Mal ganz davon abgesehen, dass unsere Welt nicht einfacher wird und schon ein wenig Wahnsinn dazugehört, hier Nachwuchs hineinzusetzen. Darum soll es hier nicht gehen. Vielmehr sollte es doch einfach genügen, wenn Frauen – aus welchem Grund auch immer – keine Kinder haben wollen. Aber dafür muss es scheinbar immer eine Erklärung geben. Ist ihr die Karriere wirklich so viel wichtiger? Hat sie einfach keinen passablen Erzeuger zur Hand?
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Man kann und darf verhüten
Wir können heutzutage verhüten. Der Gang zum Frauenarzt zwecks Besprechung der individuell sinnvollsten Methode ist ab dem Alter von 15 Jahren fast schon obligatorisch. Dann nimmt man so lange Hormone ein, bis man den richtigen Deckel für seinen Topf gefunden hat, um der naturgegebenen Bestimmung Genüge zu tun.
Die Entscheidung gegen Kinder muss scheinbar gleichzeitig die Entscheidung für etwas sein. Die Karriere beispielsweise. Wenn es nicht der Job ist, dann steht dem Besuch bei der Samenbank ja nichts im Wege. Womöglich ist sie aber auch unfruchtbar. Ansonsten kann es doch keinen Grund geben, dass sie nicht etwas da lassen will – zumal sie ihren Eltern einen Haufen Enkelkinder schuldet. Passt das alles in unsere optimierungssüchtige Zeit?
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Kind, Karriere oder gar nichts
Ab einem gewissen Alter sind Frauen nicht mehr die erste Wahl für die Besetzung einer Stelle. Die wird bestimmt bald Kinder bekommen. Wie unfair das ist. Um diese „Bedenken“ auszuräumen, müsste eine Job-Kandidatin eigentlich sehr private Informationen preisgeben und den potenziellen neuen Arbeitgeber so von ihrer längerfristigen Verfügbarkeit überzeugen. Oder die neue Verschreibung für die Kupferspirale beim Vorstellungsgespräch zufällig aus der Tasche plumpsen lassen.
Sicherlich gibt es auch jene Frauen, die ein kräftezehrendes Jurastudium absolvieren – und dann doch lieber hauptberuflich Mutter werden. Manche von ihnen bereuen das und berichten noch Jahre später auf dem Spielplatz davon, dass sie in dieser Sekunde theoretisch als Anwältin arbeiten könnten. Für die anderen ist das gar kein Thema mehr. Und wieder andere schaffen den Spagat zwischen Karriere und Familie, ob alleinerziehend oder mit der Unterstützung ihres Partners.
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Jede Frau sollte selber entscheiden, ob sie Kinder möchte oder nicht
All diese Modelle gibt es und keines davon ist zu verurteilen. Es soll die Frauen geben, für die es ganz natürlich dazugehört, Kinder zu bekommen – die das gut und gerne machen und nur selten hinterfragen. Aber: Es soll auch die Frauen geben, für die es einfach nichts ist. Die kinderlos bleiben, weil sie es wollen. Die keine Rechtfertigung brauchen, sondern das Mutterwerden schlichtweg nicht als unumstößliche Station des Lebens sehen. Natur hin oder her – ob ich mit der Größe meiner Brüste einverstanden bin, kann ich doch auch selbst entscheiden, und ansonsten eine operative Vergrößerung/Verkleinerung erwägen. Ob ich Eizellen einfriere, diese irgendwann befruchten lassen will, oder eben nicht.
Das alles zeigt, dass wir nicht immer dem Ruf oder Gebot der Natur folgen müssen. Was hingegen natürlich sein sollte, ist die Wahl, sich frei zu entscheiden. Dafür oder eben auch dagegen.