Von Klara Fischer
Beim Verdienst ziehen Frauen im Allgemeinen immer noch den kürzeren. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung ergab erst kürzlich, dass Arbeitnehmerinnen über das gesamte Erwerbsleben hinweg gerade einmal etwas mehr als halb so viel verdienen wie ihre männlichen Kollegen. Selbst jüngere Akademikerinnen könnten nur mit einem ähnlichen Lebenserwerbseinkommen rechnen wie mittelqualifizierte Männer, so die Studie weiter.
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Äußere und innere Faktoren spielen dabei eine Rolle. „Eher nicht gut bezahlte Jobs vor allem im sozialen Bereich werden nach wie vor mehrheitlich von Frauen ausgeübt“, nennt Emine Yilmaz, Vice President bei dem Personaldienstleister Robert Half, als einen der Gründe. Auch seien es immer noch mehrheitlich die Mütter, die ihre Karriere wegen der Kinder zurückschrauben. „Oft erlebe ich aber auch, dass Frauen den Gedanken, selbst einmal in einer Führungsrolle zu arbeiten, beim Einsteig in ein Unternehmen gar nicht so sehr auf dem Schirm haben“, berichtet die Personalexpertin. Und auch beim Verhandeln zeigen sie sich eher bescheiden. Frei nach dem Motto: Wenn ich zu viel verlange, setzt mich das unter Druck.
All das sollte aber beim Thema Gehalt keine Rolle spielen. „Es geht ganz einfach und objektiv darum, was ein Unternehmen für eine bestimmte Leistung bezahlen kann und möchte. Das Thema Mann/Frau sollte gar nicht erst im Kopf sein“, erklärt die Expertin.
1. August 2020, 8:22 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
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Sich einen Überblick verschaffen
Zunächst gilt es, sich selbst zu verorten. Welcher Verdienst ist in meiner Branche und meiner Position im bundesweiten Vergleich überhaupt üblich? Über Gehaltsvergleichsportale oder -studien lässt sich das relativ schnell ermitteln, Beispiele sind Websites wie Gehalt.de, Gehaltsvergleich.de oder Gehaltsreporter.de. Studien zum Thema werden regelmäßig unter anderem von Robert Half, Adecco oder Stepstone veröffentlicht.
Auf gutes Timing achten
Der Zeitpunkt spielt eine wichtige Rolle für den Erfolg der Verhandlung. „Der Chef darf sich nicht überrumpelt fühlen“, warnt Yilmaz. Einen Termin mit ihm zu vereinbaren, ist also deutlich besser, als ihn zwischen Tür und Angel anzusprechen. „Kündigen Sie ihm dabei am besten direkt an, worum es geht“, rät die Expertin. Beispiel: „Hast Du in den nächsten Tagen eine halbe Stunde Zeit für mich, ich möchte mit Dir über mein Gehalt reden.“ Noch besser ist es, wenn es einen konkreten Anlass für ein Gehaltsgespräch gibt. Das sind zum einen natürlich die Jahresgespräche, aber auch ein abgeschlossenes Projekt oder eine gerade absolvierte Fortbildungen können sich dafür anbieten.
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Mit Fakten überzeugen
Es ist immer besser zu sagen, was man kann und was dem Unternehmen etwas bringt, als beispielsweise darauf zu verweisen, dass andere mehr verdienen als man selbst, Personalexperten sprechen hier von der Nörgelfalle. Stellen Sie also ganz objektiv die eigenen Leistungen dar, bringen Sie Belege für erfolgreiche Projekte, frisch erworbene Zertifikate oder wichtige Erfolge, die Sie für das Unternehmen erzielt haben. Auch, dass Sie jetzt längere Zeit in Vertretung Führungsverantwortung übernommen haben, kann zählen. „Beim Einstieg in ein Unternehmen hilft auch, konkret aufzuzeigen, wo und wie die eigenen Fähigkeiten im Unternehmen helfen können“, betont Yilmaz. Hier dürfen Sie gerne selbstbewusst sein.
Den richtigen Ton treffen
Der Arbeitgeber ist nicht der Feind, sondern der Verhandlungspartner. „Daher sollte die Mitarbeiterin auch weder mit Vorurteilen noch mit zu großer Überheblichkeit oder gar Drohungen ins Gespräch starten“, rät die Personalexpertin. Mit einem offenen und freundlichen Ton lasse sich das Gespräch viel effektiver steuern als mit einer aggressiven Herangehensweise. Erst recht sollte man auch nichts erfinden, was es nicht gibt. „Das Gegenüber findet schnell heraus, wenn die Neueinsteigerin etwa bei ihrem bisherigen Gehalt übertreibt oder die Mitarbeiterin wirklich ein konkurrierendes, besser bezahltes Jobangebot hat.“
Realistisch bleiben
Zur guten Vorbereitung gehört, die eigene Schmerzgrenze festzulegen. Emine Yilmaz hält es aber gleichzeitig für notwendig, auch die Situation des Arbeitgebers im Blick zu haben. „Man muss realistisch bleiben. Wenn aktuell nicht mehr drin ist, dann ist das so“, sagt sie. In dem Fall sollte man den Arbeitgeber aber bitten, einem möglichst transparent zu erklären, warum gerade Schicht im Schacht ist.
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Kompromissbereitschaft zeigen
Gerade wenn der Arbeitgeber aktuell nicht mehr bezahlen kann, muss das nicht das Ende der Verhandlung sein. Geld ist nicht alles. Ein zusätzlicher Urlaubstag, flexible Arbeitszeiten, Fahrtkostenzuschüsse, ein Dienstrad oder eine Weiterbildung – solche Angebote können im Einzelfall sogar mehr bringen als ein paar zusätzliche Euro. „Über solche Alternativen sollte man im Vorfeld auf jeden Fall nachdenken, um im Gespräch dafür gewappnet zu sein“, so Yilmaz.
Dran bleiben
Lässt sich aktuell gar nichts aus der Gehaltsverhandlung rausholen, sollte das Gespräch zumindest mit einer klaren Verabredung enden: Wann setzen sich die Parteien erneut zusammen und was konkret kann die Mitarbeiterin tun, um das Gehalt zu steigern?
Nicht auf Versprechungen verlassen
Alle Vereinbarungen bezüglich des Gehalts oder andere Zusagen sollten schriftlich festgehalten werden. Nicht, dass der Verhandlungspartner kurz nach dem Einstieg der Mitarbeiterin das Unternehmen verlässt und sich plötzlich niemand mehr erinnern kann, dass vorab eine Gehaltserhöhung nach Ablauf der Probezeit festgelegt wurde.