19. Mai 2020, 12:08 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Wie fühlt es sich an, wenn der schönste Tag im Leben so ganz anders verläuft als ursprünglich geplant? Unsere Autorin hat sich trotz Corona-Krise getraut und erzählt hier, wie sie es erlebte.
Wir haben uns getraut, und das trotz oder gerade wegen der grassierenden Pandemie. Die Entscheidung zu heiraten, war Anfang des Jahres gefallen, damals noch mit dem Plan: standesamtliche Hochzeit im Mai, zwei Monate später eine große freie Trauung mit Freunden und Familie. Dann kam Corona und alle unsere Pläne wurden über den Haufen geworfen – die freie Trauung mussten wir auf das nächste Jahr verschieben, an der standesamtlichen Hochzeit wollten wir aber unbedingt festhalten.
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E-Mails vom Standesamt
Waren wir zum Erst-Gespräch noch persönlich im Standesamt aufgeschlagen, lief jetzt die komplette Kommunikation und Planung über Telefon und E-Mail. Stellen sich andere Brautpaare die Frage, wen sie lieber nicht mit dabeihaben wollen, ging es bei uns vielmehr darum, wer überhaupt mit darf. Dabei änderten sich die Informationen wöchentlich, zum Ende hin sogar täglich, und von einer festen Planung konnte keine Rede sein. Zwischenzeitlich hieß es, es dürfe nur das Brautpaar anwesend sein, dann wiederum waren plötzlich auch Trauzeugen erlaubt. Eine Woche vor dem anberaumten Termin erhielten wir dann die finale Anweisung, dass uns maximal acht Leute – entweder in gerader Linie mit uns verwandt oder Trauzeugen – ins Standesamt begleiten durften. Für uns war das definitiv ein Grund zur Freude, denn von den ursprünglich geplanten zwölf Gästen durften lediglich unsere Großeltern nicht mit dabei sein.
Wie bei allen Veranstaltung derzeit muss auch für eine standesamtliche Trauung eine Anwesenheitsliste mit allen Teilnehmern ausgefüllt und für mindestens zwei Wochen aufbewahrt werden. Diese Liste und der Parkschein kamen vorab per Mail und mussten von uns ausgedruckt und mitgebracht werden. Auch die CD für die Musik zum Einlaufen konnte nicht einfach so abgegeben werden: Das Standesamt hatte dafür extra eine Klingel an einem seiner Fenster installiert, mit der man sich bemerkbar macht und dann die CD schnell und natürlich mit Mundschutz durchs offene Fenster reinreichen kann.
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Friseurbesuch mit Hindernissen
Wie es sich für eine ordentliche Braut gehört, wollte ich unbedingt am Hochzeitstag noch zum Friseur. Blöd allerdings, wenn man den eigentlich schon vor Monaten ausgemachten Termin zwei Wochen vor der Trauung abgesagt hat, weil zu diesem Zeitpunkt eh alle Salons zu hatten, und jetzt so spontan alles restlos ausgebucht war. Ich sah mich schon mit einem Corona-bedingten, rausgewachsenem Garçon-Cut und selbst eingedrehten Locken zum Standesamt schreiten, aber unglaublicherweise ergatterte ich vier Tage vor der Trauung dann doch noch einen Termin. Aus Mitleid? Ich weiß es nicht. Fakt ist: Mit dem obligatorischen Mundschutz bewaffnet machte ich mich um 7.30 Uhr am Hochzeitsmorgen auf zum Friseur, wo ich mir erst einmal die Hände desinfizieren und alle Daten zum Wohnort, möglichen Symptomen und Kontakt zu infizierten Personen in eine Liste eintragen musste.
Mein Friseur hat extra Stäbe angefertigt, die wie ein Peace-Zeichen aussehen und an denen die Maske befestigt wird. Diese Konstruktion muss man sich während des Schnitts vors Gesicht halten – sieht lustig aus und erfüllt gleichzeitig den Zweck, Friseure und Kunden zu schützen. Kreativität ist in diesen Zeiten eben alles. Fakt ist: Nach einer Stunde hatte ich wieder eine akkurat geschnittene Kurzhaar-Frisur und sogar etwas Schmuck in den Haaren.
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Eine doch nicht so ungewöhnliche Trauung
In den Wochen und Tagen vor unserem Termin hatten wir immer wieder von Hygiene-Vorschriften gehört, die auf dem Amt eingehalten werden mussten. Manche Paare musste mit Mundschutz „Ja“ sagen, ein Kuss? Unmöglich. Bei anderen wiederum hatte die ganze Zeremonie nur knappe fünf Minuten gedauert. Die ewige Bindung im Eilverfahren. Wir trafen uns um 11.15 Uhr mit unseren Gästen vor dem Standesamt und standen vor verschlossenen Türen. Erst zwei Minuten vor Beginn der Trauung wurde die Tür geöffnet und auch ganz schnell wieder hinter uns verschlossen.
Allerdings lief ab diesem Moment alles erstaunlicherweise entspannt ab, geradezu normal. Keiner musste eine Maske tragen, auch die Standesbeamtin hatte weder Mundschutz noch Handschuhe an und hielt auch nur geringfügig Abstand. Sie erklärte uns kurz den Ablauf, dann ging es auch schon los: Unsere Familien empfingen uns in einem kleinen Festsaal, auch hier standen die Stühle ganz normal nebeneinander. Die Trauung an sich war wenig romantisch, aber darauf hatten wir uns eingestellt. Trotzdem dauerte sie fast eine halbe Stunde und neben dem offiziellen Ja-Wort gab es einen emotionalen ersten Kuss und wir tauschten ganz klassisch unsere Ringe. Danach durften wir unseren Familien in die Arme fallen und Glückwünsche entgegennehmen – ohne mahnende Anweisungen, ganz spontan und emotional. Und für diese halbe Stunde, in diesem festlichen Raum, vergaßen wir für einen kurzen Moment die ganze Corona-Krise mit all ihren Einschränkungen und Ängsten. Und diese wunderschöne Erinnerung wird bleiben.
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Sonnenschein und Gartenfest
Wegen der strengen Restaurant-Regelungen hatten wir unseren Tisch für die anschließende Feier schon frühzeitig storniert, geplant war stattdessen eine kleine Gartenparty bei meinen neuen Schwiegereltern. Vom Ordnungsamt abgesegnet, durften jetzt auch die Großeltern dabei sein, die bereits vor dem Standesamt auf ihre frisch vermählten Enkel gewartet haben. Die Feier war klein und wunderschön: Es gab Häppchen, selbst gebackene Hochzeitstorte und am Abend wurde gegrillt.
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Alles lief ganz anders, als ursprünglich geplant, aber im Rahmen der Möglichkeiten hatten wir einen wundervollen Hochzeitstag umgeben von allen, die uns wichtig sind. Ein ganz kleines bisschen bin ich vielleicht sogar froh über die Umstände, weil der schönste Tag in meinem Leben so noch besonderer wurde und ich meine Hochzeit nach so langer Zeit des Abstands und der Selbst-Isolation unheimlich genoss. Und gegen die strahlende Sonne hatte Corona einfach keine Chance. Nicht, heute, nicht morgen, nie!