16. Juni 2023, 15:15 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Regisseurin und Schauspielerin Karoline Herfurth ist in Berlin mit dem Ernst-Lubitsch-Preis ausgezeichnet worden. Und sie nutzte den Moment auf der Bühne gekonnt für ein politisches Statement. STYLEBOOK nennt die Details.
Nach Meinung von Filmemacherin Karoline Herfurth braucht es mehr Geschichten aus weiblicher Perspektive und eine kritische Auseinandersetzung mit Schönheitsidealen. Die Regisseurin und Schauspielerin wurde für den Ernst-Lubitsch-Preis ausgezeichnet, der die beste komödiantische Leistung in einem deutschsprachigen Film würdigt. Und das nahm die 39-Jährige als Anlass für einen gesellschaftskritischen Kommentar.
Das Aussehen einer Frau sei stark überbewertet
„Würden Frauen ihre Zeit, Kraft und Ressourcen nicht mehr an ihr Aussehen verschwenden, würden sie den Heidi Klum’schen Glaubenssätzen nicht mehr ihren Glauben schenken, dann hätten sie mehr Zeit, Kraft und Ressourcen für das dringend notwendige Aufbrechen traditioneller Strukturen und für das Umstürzen von traditionellen Rollenbildern“, sagte sie. „Dann hätten sie mehr Zeit und Kraft, sich gegen männliche Gewalt zu verbünden und für faktische Gleichberechtigung zu kämpfen.“
„Denn Frauen müssen sichtbar werden. Frauen hungern sich nicht nur dünn und kraftlos. Sie sind unsichtbar“, kritisierte Herfurth. „Ihre Realitäten, ihre Perspektiven, ihre historischen Errungenschaften werden nicht gelehrt, nicht erzählt, nicht reproduziert.“
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„Ein sehr politisches Frauenproblem“
Herfurth wurde für ihre Filme „Wunderschön“ und „Einfach mal was Schönes“ ausgezeichnet. Die Tragikomödie „Wunderschön“ setzt sich anhand der Geschichten verschiedener Frauen mit gängigen Schönheitsidealen auseinander. „Ich selbst habe eine Magersucht überlebt und kenne keine einzige Frau, die aus einem gesunden Bauchgefühl heraus isst oder mit liebevollem Blick den eigenen Körper betrachtet“, sagte Herfurth auf der Bühne.
Die Konzentration weiblicher Kraft auf das eigene Aussehen, begleitet von „ununterbrochener Propaganda“ durch Werbung, schlechte Vorbilder und Medien, sei – ja, sicherlich – ein Frauenproblem. Sogar ein „ein sehr politisches Frauenproblem“. Auch ihr Film „Einfach mal was Schönes“ behandle ein Frauenproblem: das Problem der Entmachtung von Frauen, wenn es um ihre Reproduktionsentscheidungen gehe.
Herfurth erinnert dabei an Frauen, die viel geleistet haben, deren Namen aber weniger bekannt und über die auch in der Schule wenig gelehrt wird. „Ist das Bildung oder ist das Propaganda? Propaganda eines für Frauen lebensgefährlichen Herrschersystems, das Patriarchat. Frauen werden darin als unbezahltes Personal in die Bedeutungslosigkeit verschwiegen“, führte sie fort.
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Karoline Herfurth warnt vor KI
Die 39-Jährige sieht aber auch die vermehrte Nutzung von KI kritisch. In einem Interview mit der „Berliner Zeitung“ sagte sie: „KI arbeitet mit einem riesigen Pool an Daten. Das, was darin mehr vorhanden ist, sprich die männliche Perspektive, lässt die KI auch in ihrem Schaffen mehr präsent sein. Mich hat das völlig von den Socken gehauen“. Alles zusammen führe dazu, dass die männliche Perspektive weiter dominiere.
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So feierte Karoline Herfurth ihren Durchbruch
Karoline Herfurth gilt als eine der bekanntesten und erfolgreichsten Schauspielerinnen Deutschlands. Am 22. Mai 1984 in Ost-Berlin, Deutschland, geboren, begann sie ihre Schauspielkarriere bereits in jungen Jahren und spielte in verschiedenen Theaterstücken und Fernsehproduktionen mit. Sie erlangte breitere Bekanntheit durch ihre Rollen in deutschen Filmen wie „Mädchen, Mädchen“ (2001) und „Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders“ (2006).
Quellen
- mit Material der dpa
- Karoline Herfurth: „Die gesamte Welt ist von der männlichen Perspektive geprägt“, Berliner Zeitung