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STYLEBOOK-Interview

Psychologin: „Frauen sind in der Pandemie gestresster als Männer“

Beatrix Böhm Lead Editor

18. Februar 2022, 11:07 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Zwei Jahre Pandemie, zwei Jahre Ausnahmezustand – was macht das mit uns und unseren Beziehungen? Wie gehen wir mit der Krise um und welche Wege und Möglichkeiten gibt es, möglichst unbeschadet durch diese Zeit zu kommen? Fragen, die STYLEBOOK Diplom-Psychologin Nicole Engel stellte. Ein Gespräch, das Hoffnung macht.

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Die Pandemie als Stresstest

„Die Herausforderung ist, das Ganze nicht mehr wie eine Ausnahmeerscheinung oder eine Ausnahmesituation für sich selbst zu werten“, weiß Diplom-Psychologin Nicole Engel. Stattdessen sei es wichtig, die aktuelle Lage als Alltag zu akzeptieren. Ein Alltag, der besondere Regeln hat, die uns noch eine ganze Weile begleiten werden. Um mental gesund zu bleiben, sei dabei das Mindset – also unsere Haltung zu Themen – das Allerwichtigste: Mittlerweile gebe es psychologische Studien, die zeigen, dass die Pandemie vergleichbar sei mit einem riesigen Stresstest.

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„Aus der Stressforschung weiß man, dass das wichtigste Mittel, um da gut durchzukommen, Resilienz ist – also die psychische Widerstandsfähigkeit“, so die Expertin. Und die werde vor allem dann positiv beeinflusst, wenn man Dinge positiv bewerte oder zumindest versuche, sie neutral anzunehmen. „Indem ich mich daran aufreibe und immer nur das Negative sehe, mache ich mich selbst psychisch fertig und schwäche mich mental immer mehr“, erklärt Engel die Negativ-Spirale, die die Pandemie in Sachen Stress mit sich bringe.

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Nicole Engel ist Gründerin des Psychologicum Berlin, einem Institut, das sich der mentalen Gesundheit verschrieben hat. Coaching, Einzel-, Paar- und Sexualtherapie – Nicole Engel ist mit der ganzen Bandbreite menschlicher Bedürfnisse konfrontiert und beobachtet seit nunmehr fast zwei Jahren, wie sich die Pandemie auf uns, unser Leben und unsere Beziehungen auswirkt.

Was macht Corona mit der Beziehung?

Tatsächlich habe die Pandemie zu Beginn die Menschen einander näher gebracht – Ablenkungen fielen flach, man ließ sich aufeinander ein, probierte in der Zweisamkeit Neues aus: „Bei den Sexspielzeug-Herstellern gab es Umsatzsteigerungen wie noch nie“, weiß Engel, die selbst Botschafterin für Sextoys ist. Heute sieht sie viele Beziehungen, die tief in der Krise stecken – nach und nach habe die Ausnahmesituation unterschwellig schwelende Konflikte an die Oberfläche gespült. Die Menschen stellen sich existenzielle Fragen: Bin ich glücklich? Wo will ich hin? Was möchte ich vom Leben? Und da würden die Antworten eben oft sehr unterschiedlich ausfallen.

Stress-Empfinden in der Pandemie

Was Nicole Engel auch beobachtet: Beim Thema Gleichstellung hat die Pandemie für einen „kleinen Rückschritt“ gesorgt. Auch wenn Frauen durch die Möglichkeit, zu Hause zu arbeiten und den dadurch wegfallenden Arbeitsweg zunächst entlastet seien – am Ende liege aufgrund von Kinderbetreuung, Homeschooling, Haushalt und Job die Hauptlast dann doch bei ihnen. Studien hätten gezeigt, dass nur sieben Prozent der Männer jetzt tatsächlich mehr machen würden. Immer noch sei in vielen Familien das Gehalt des Mannes höher, dann hieße es eben oft: „Mach du mal ordentlich deinen Job und geh ins Büro, ich kümmere mich um den anderen Kram.“ Belastend sei die Situation am Ende für alle, aber: „Ich würde aus meiner persönlichen Perspektive sagen – und weil es auch Studien mittlerweile belegen –, dass Frauen noch mal deutlich gestresster sind, weil eben die alten Themen wie Hausarbeit und Kinderbetreuung dazukommen“, so die Psychologin.

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Wie kommen wir raus aus dem Negativ-Strudel?

Wie kommen wir am Ende raus aus dem Strudel von Stress, negativen Gedanken, Gefühlen und Zweifeln, den uns die aktuelle Pandemie-Situation beschert? „Es geht nicht darum, Riesen-Dinge abzuwickeln, sondern eher um die Frage: Wofür kann ich dankbar sein?“ so Engel. Wichtig sei, Lösungen in der neuen Situation zu suchen: Was tut mir wirklich gut? Das könnten schlicht ein Spaziergang, ein Tag in der Natur oder eine Runde Sport sein. Gleichzeitig müsse man auch schlechten Stimmungen Raum geben und den Austausch mit anderen suchen – schließlich sei keiner alleine mit diesen Empfindungen.

Am Ende des Gesprächs zitiert die Expertin den unvergesslichen Loriot: „In Krisenzeiten suchen Intelligente nach Lösungen, Idioten suchen nach Schuldigen.“

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