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#audioleaks

Darum teilen Frauen auf Social Media Sprachnachrichten des Ex

Warum viele Frauen sich jetzt dazu entscheiden Sprachnachrichten ihrer Ex zu veröffentlichen, lesen Sie hier
Warum viele Frauen sich jetzt dazu entscheiden Sprachnachrichten ihrer Ex zu veröffentlichen, lesen Sie hier Foto: Getty Images
Rebecca Stringa
Redaktionsleitung bei STYLEBOOK

1. August 2024, 16:33 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Auf TikTok erleben wir aktuell einen neuen, viralen Trend: Frauen teilen Sprachnachrichten ihrer Ex-Partner, die nach der Trennung geschickt wurden. Diese Clips, zu finden unter #audioleaks, sind jedoch oft nicht unterhaltsam, sondern werfen einen kritischen Blick auf die frauenfeindlichen Inhalte. Dabei zeigt sich eine erschreckende Normalität von Misogynie in alltäglichen Beziehungen.

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Viele Nutzerinnen auf TikTok synchronisieren ihre Lippen mit den Sprachnachrichten ihrer Ex-Partner oder kommentieren sie trocken. Diese Clips können amüsant wirken, doch die Inhalte sind oft alles andere als harmlos. In einer Nachricht behauptet ein Mann beispielsweise, er sei nicht fremdgegangen, weil er während des Sexes nicht in die Augen seiner Partnerin geschaut habe. Ein anderer versucht, seine Ex-Freundin davon zu überzeugen, dass es „peinlich“ gewesen wäre, eine andere Frau nicht zurückzuküssen.

Solche absurden Rechtfertigungen und die beiläufige Herabsetzung von Frauen ziehen sich durch viele der veröffentlichten Nachrichten. Je mehr dieser Videos man sieht, desto deutlicher wird, wie tief verwurzelt Misogynie in unserer Gesellschaft ist. Die Ex-Partner in den Sprachnachrichten werden oft aggressiv, beleidigend und manipulierend. Sie versuchen, ihre Ex-Freundinnen zu kontrollieren, diktieren ihnen, was sie anziehen oder wohin sie gehen dürfen. Diese Form der Kontrolle und Herabwürdigung ist eine subtile, aber weitverbreitete Art der Gewalt gegen Frauen.

Sängerin Ayliva könnte als Vorreiterin für den aktuellen Trend gelten. In ihrem Musikvideo zu ihrer Debüt-Single „Deine Schuld“, das eine Abrechnung mit einer „toxischen Beziehung“ darstellt, begann sie mit einer angeblichen Drohung. Die Eröffnungsszene des Videos zeigt eine Sprachnachricht, in die der Ex-Partner die Sängerin bedroht und ihr die Veröffentlichung des Songs untersagt. Obwohl die Stimme nachgesprochen wurde, betont Ayliva, dass der Inhalt der Nachricht authentisch sei.

Ob diese Voicemail tatsächlich echt war oder als Marketing-Stunt diente, um den Karrierestart der Sängerin zu fördern, bleibt unklar. Unabhängig davon führte dieser Schritt dazu, dass viele Frauen auf TikTok begannen, ihre eigenen Erfahrungen mit Gewalt in Beziehungen zu teilen.

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Gewalt beginnt nicht erst mit Schlägen

Denn die erschütternde Realität ist, dass Gewalt gegen Frauen in Deutschland immer noch zum Alltag gehört. Statistiken zeigen, dass jeden zweiten Tag eine Frau durch ihren (Ex-)Partner getötet wird. Aber auch verbale Angriffe, Drohungen und psychischer Druck sind ebenfalls Formen von Gewalt. Misogynie ist ein strukturelles Problem, das nicht isoliert betrachtet werden kann: Sie ist tief in gesellschaftlichen Normen verankert, die Frauen entwerten und kontrollieren.

Und es fängt wohl noch früher an als zunächst vermutet: Laut einer neuen Analyse der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben fast ein Viertel (24 Prozent) der Mädchen im Alter von 15 bis 19 Jahren, die in einer Beziehung waren, bis zum 20. Lebensjahr körperliche und/oder sexuelle Gewalt durch ihren Partner erlebt. Dr. Pascale Allotey, Direktorin der WHO-Abteilung für sexuelle und reproduktive Gesundheit, betont die gravierenden Folgen von Gewalt während dieser entscheidenden Entwicklungsjahre: Dazu gehören u. a. Verletzungen, Depressionen, ungeplante Schwangerschaften und sexuell übertragbare Krankheiten.

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Darf man Sprachnachrichten des Ex veröffentlichen? Eine juristische Einschätzung

Der aktuelle Trend auf TikTok hat ebenfalls eine rechtliche Dimension. Der Trend, Sprachnachrichten von Ex-Partnern auf Social Media zu teilen, ist juristisch heikel. Er bewegt sich häufig in einem rechtlichen Graubereich, der von Fall zu Fall unterschiedlich bewertet werden muss. Denn interessanterweise macht sich derjenige, der die Nachrichten veröffentlicht, in der Regel nicht strafbar, da der § 201 des Strafgesetzbuches (StGB), der die Vertraulichkeit des Wortes schützt, sich hauptsächlich auf heimliche Aufnahmen und deren Verbreitung bezieht. Da die Ex-Partner die Nachrichten selbst aufgenommen haben, fällt dies nicht unter den Tatbestand der heimlichen Aufzeichnung. Doch es geht nicht nur um die Verbreitungshandlung selbst.

Das sagt die Expertin

Rechtlich betrachtet ist die Weiterleitung von Sprachnachrichten und Chat-Nachrichten weitestgehend gleich zu bewerten. Die Verbreitung solcher Nachrichten stellt einen Eingriff in das gesprochene oder geschriebene Wort als Ausprägung des Allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Äußernden dar. „Wer Zugang zum nicht öffentlich gesprochenen oder geschriebenen Wort erhalten soll, obliegt grundsätzlich der Entscheidung und Zustimmung des Äußernden“, so eine Juristin auf Anfrage von STYLEBOOK. Aus dem Persönlichkeitsrecht ergebe sich demnach generell, dass private Nachrichten nur mit Kenntnis und Einwilligung des betroffenen Gesprächspartners veröffentlicht werden dürfen. Bei der Frage der Rechtswidrigkeit des Eingriffs in die Privatsphäre müsse immer abgewogen werden, inwieweit der Absender ausreichend anonymisiert wurde und ob gegebenenfalls ein öffentliches Informationsinteresse die berechtigten Interessen des Nachrichten-Verfassers überwiegt.

In Fällen, in denen Sprachnachrichten ohne Einverständnis veröffentlicht werden, könne es zu rechtlichen Konsequenzen kommen. „Selbst wenn eine Sprachnachricht Bedrohungen enthält, rechtfertigt das nicht automatisch die öffentliche Veröffentlichung“, so die Expertin. In solchen Situationen sei es ratsam, den Vorfall der Polizei zu melden und die Sprachnachricht als Beweismittel einzureichen.

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Weiterhin erläutert sie, dass bei besonders schwerwiegenden Verletzungen des Persönlichkeitsrechts die Forderung einer Geldentschädigung möglich sei. Dies hängt jedoch stark vom Einzelfall ab. Sie betont: „Eine präzise rechtliche Einschätzung zur Veröffentlichung von Sprachnachrichten erfordert detaillierte Kenntnisse des spezifischen Falls“. Die Expertin empfiehlt, im Zweifelsfall immer eine neutrale Rechtsexpertin oder einen neutralen Rechtsexperten zu konsultieren, um potenziellen rechtlichen Konflikten vorzubeugen.

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Ein Aufruf zur Veränderung

Die virale Verbreitung dieser TikTok-Videos kann ein kraftvolles Werkzeug sein, um auf die alltägliche Misogynie aufmerksam zu machen. Es zeigt Betroffenen, dass sie nicht allein sind und es wichtig ist, über diese Themen zu sprechen. Es bleibt jedoch entscheidend, dass diese Diskussion nicht im Privaten verbleibt, sondern auch im politischen Mainstream ankommt. Der Schutz von Frauen vor Gewalt muss endlich ernst genommen werden! Und das fängt bei der Anerkennung und Benennung dieser alltäglichen Gewalt an. Der Trend mag auf den ersten Blick unterhaltsam erscheinen, doch er wirft ein Schlaglicht auf ein tiefer liegendes gesellschaftliches Problem. Die Geschichten in den Sprachnachrichten zeigen, dass die Welt noch viel zu tun hat, um Frauen vor Gewalt zu schützen und ihnen den Respekt zu geben, den sie verdienen.

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