
25. März 2025, 17:52 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Die Rechnung einer neuen Studie scheint nicht aufzugehen: Frauen geben hier eine höhere Lebenszufriedenheit trotz mehr psychischer Belastung an. Warum das im Hinblick auf soziokulturelle Umstände Sinn ergibt, erklärt STYLEBOOK.
Die in der Fachzeitschrift „Science Advances“ veröffentlichte Studie ist das Ergebnis von Untersuchungen, die bis in die 1970er-Jahre zurückgehen. Die breit gefächerten Daten aus verschiedenen Ländern zeigen: Frauen geben allgemein an, ein glücklicheres Leben zu führen als Männer, obwohl sie ebenso unter größerer psychischer Belastung leiden. Was steckt hinter diesem Paradox?
Übersicht
Psychische Belastung bei Frauen: mehr Antidepressiva und Therapie
Die Studie nimmt Umfragen sowie Ergebnisse bereits vorhandener Forschungen in den Blick und fasst diese zusammen. Was festgestellt wurde: Frauen geben nicht nur selbst an, häufiger unter Depressionen, Angstzuständen, Traurigkeit, Reizbarkeit und einer höheren Schmerzempfindlichkeit zu leiden – sie nehmen auch öfter psychische Gesundheitsdienste in den Anspruch. Dazu greifen Frauen häufiger auf Medikamente wie Antidepressiva zurück.
Ein Ergebnis der international beobachtenden Studie ist, dass Frauen vorwiegend in Lateinamerika und Westeuropa häufiger von Unsicherheitsgefühlen und anderen negativen Emotionen beeinflusst würden.
Die Ursachen psychischer Belastung
Als Ursache werden in der Studie unter anderem soziale Normen, bei denen das weibliche Geschlecht als benachteiligt gilt, traditionelle Geschlechterrollen und biologische Faktoren aufgeführt. Dazu kommen neuerdings hohe gesellschaftliche Erwartungen an uns Frauen dazu: Neben der Rolle der Fürsorgenden soll die moderne Frau auch in Bezug auf die Karriere strebsam sein. Dieser Druck gilt als psychische Belastung und kann zu hohem Stress führen.
Es gibt jedoch auch klare biologische Faktoren, die für eine höhere psychische Belastung bei Frauen führen. Dazu zählen hormonelle Schwankungen während des Menstruationszyklus, der Schwangerschaft und der Menopause. Diese haben einen klaren Einfluss auf das emotionale Wohlbefinden. Außerdem sind Frauen laut der Studie anfälliger für chronische Erkrankungen wie Migräne oder Fibromyalgie. Diese konstante Belastung aufgrund von Schmerzen begünstigt Depressionen und Angstzustände.
Auch interessant: Psychiater erklärt: »Man kann eine Depression nicht mit Liebe heilen
Der Widerspruch zwischen mentaler Belastung und Lebenszufriedenheit erklärt
Es sind also verschiedene, breit gefächerte Faktoren, die über die mentale Gesundheit von Frauen verfügen – und ihr schaden. Trotzdem legt die Studie ein Paradox, also einen Widerspruch, offen. Denn das Forscherteam bemerkte bei der Interpretation der Daten, dass Frauen gleichzeitig eine höhere Lebenszufriedenheit angeben. Wie kann das bei derartigen gesundheitlichen und gesellschaftlichen Einschränkungen sein?

Die Antwort ist schlichtweg, dass Frauen generell weniger vom Wohlbefinden erwarten. Klingt traurig, ist laut der Studie aber Realität. Es ist eine der Erklärungen für dieses augenscheinlich widersprüchliche Phänomen. Kulturelle Normen würden dazu beitragen, dass Frauen ihr Wohlbefinden generell anders bewerten; und zwar deutlich optimistischer. Dazu käme, dass Frauen positive sowie negative Emotionen stärker erfahren würden als Männer. Das heißt: Die Lebenszufriedenheit wird höher, während das Auftreten von negativen Emotionen ebenfalls stark bewertet wird.

Studie zu „Mental Load“ Mehrheit der deutschen Frauen sind hauptverantwortlich für Familie

Nachgefragt Psychodermatologische Symptome – wie beeinflusst die Psyche unsere Haut?

Späterkennung, Ursachen, Unterschiede, … Wieso ADHS bei Frauen oft (erst) im Erwachsenenalter diagnostiziert wird
Das Wohlbefinden von Frauen geht zurück
Aus der Interpretation der Untersuchung kommt also vorwiegend ein kritischer Blick auf die generellen Angaben hervor. Wie beantworten Frauen Umfragen und wie Männer? Welches Geschlecht spricht offener über Gefühle, vielleicht auch, weil es sich mehr mit ihnen auseinandersetzen muss? Hormonelle Schwankungen sind das täglich Brot von Frauen, weshalb man sich schon oft mit psychosomatischen Einflüssen auseinandersetzen muss.
Psychosomatik beschreibt den Zusammenhang zwischen seelischen Belastungen und körperlichen Beschwerden.
Gesellschaftlich tut sich einiges, um für mehr Gleichberechtigung zu sorgen. Gesellschaftliche Fortschritte führen trotzdem nicht dazu, dass sich das Wohlbefinden von Frauen verbessert. Denn obwohl die Lebenszufriedenheit im Vergleich zu Männern höher ist, hat das subjektive Wohlbefinden von Frauen seit den 1970er-Jahren abgenommen, wie die Studie analysiert. Dabei wird auch die Corona-Pandemie in den Blick genommen. Diese habe das Wohlbefinden sowie die psychische Gesundheit erheblich verschlechtert.