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Ein Kommentar

Wie Instagram unsere Vorstellung von Schönheit beeinflussen kann

Schönheit
Langsam kommen wir dahinter: Schönheit hat viele Facetten Foto: Getty Images
Friederike Ostermeyer

22. Januar 2019, 16:20 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Social-Media-Plattformen wie Instagram bringen unsere Vorstellung von Schönheit und Perfektion seit einiger Zeit gehörig ins Wanken. Alles irgendwie zu perfekt dank Filter. Jeder neue, sich gegen die glatte Scheinwelt auflehnende Hashtag-Trend wie #bodypositivity, #nomakeup, #iweigh oder #therealme wird gefeiert und von unzähligen Usern als Inspiration weiter genutzt. Was passiert da eigentlich gerade mit dem allgemeinen Schönheitsverständnis und was sagt das über unsere Gesellschaft aus?

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Was einst als nette Bildchen-Sammlung angefangen hat, ist mittlerweile zu einem politischen Instrument geworden. Dass man mit Instagram eine kleine Revolution auslösen kann, beweisen Fotos von Frauen, die selbstbewusst ihre Dehnungsstreifen, Augenringe oder Fettpölsterchen in die Kamera halten. Das Bemerkenswerte daran ist: Diese Frauen erhalten für ihren Mut Zustimmung und mit jeder neuen Hashtag-Bewegung werden andere dazu inspiriert, es ihnen gleichzutun. Auch Promis verändern durch ihre Postings momentan das einstige Ideal-Verständnis von Schönheit.

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So erklärte Model Lena Gercke mit einem Make-up-freien Selfie, dass sie genug hat von Weichzeichner-Filtern und Photoshop. Viel lieber wolle sie Bilder posten, welche die Realität zeigen. Und Selena Gomez schrieb unter ein Posting: „Ich höre Leute sagen, dass sie sich wünschen, das Leben von jemand anderem zu leben – nur wegen ein paar Bildern. Wir alle machen es. Aber vertraut mir, mein Leben ist nicht immer gefiltert und blumig. Wir sind alle auf unserer eigenen Reise.“  Ende 2017 wagte sich Paris Jackson ohne eine Spur Make-up auf dem Gesicht und erkennbarem Flaum unter den Achseln auf den roten Teppich. So viel „ungeschminkte Wahrheit“ wäre vor zehn Jahren noch unmöglich gewesen.

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Zu viel Perfektion ist penetrant und frei von Zauber

Es scheint, als sei die Welt all der glattgebügelten Perfektion müde geworden, die seit Jahrzehnten über TV, Werbung und Co. auf uns einprasselt. Auf die Dauer sind Bilder, die einzig Beauty und Luxus abbilden, und ihren Betrachtern das Gefühl geben, dass der Sinn des Lebens darin bestünde, perfekt auszusehen und von einem Höhepunkt zum nächsten zu rauschen, penetrant, plump und frei von Zauber. Kein Wunder also, dass sich immer mehr Menschen nach Authentizität sehnen und sie dementsprechend auch einfordern.

So ist der noch relativ junge Hashtag-Trend #iweigh besonders interessant. Durch ihn erklären junge Frauen schonungslos ehrlich, dass in ihrem Leben ganz andere Dinge Gewicht haben als eine kleine Zahl auf der Waage. Dazu gehören neben Attributen wie „Tänzerin“, „Schwester“ oder „Hundefreundin“ auch Begriffe wie „Angststörung“ oder „Mobbing-Opfer“.

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Schönheit, was ist das?

Bei all dem Umbruch, der gerade passiert, stellt sich trotz allem weiterhin die Frage: Was ist Schönheit? Die Wissenschaft ist sich einig: Schönheit hat etwas mit Symmetrie und Proportionen zu tun. Ebenmäßige Gesichtszüge und ein bestimmtes Taille-Hüft-Verhältnis empfinden wir von Geburt an als schön. Dennoch scheitern Experten daran, eine allgemeine „Venus-Formel“ mathematisch zu errechnen. Auch wird es immer Menschen geben, die beispielsweise Heidi Klum als den Inbegriff von Perfektion empfinden und andere, die das nicht so sehen.

Schönheit ist also doch wesentlich komplexer als viele denken. Die Philosophie weiß das schon lange. Der griechische Denker Platon kam bereits vor knapp 2500 Jahren zu der Erkenntnis, dass Schönheit etwas ist, dass sich ohnehin nicht fassen lässt und widmete sich anschließend wieder den „leichteren“ Fragen des Lebens. Die moderne Philosophin Rebekka Reinhart ist da schon ein bisschen weiter. Sie sagt, dass Schönheit als etwas rein Äußerliches nur bis zu einem gewissen Grad funktioniere. Werde die Schönheit ihrer Echtheit und somit ihrer Seele beraubt, verliere sie irgendwann an Kraft und Menschlichkeit. Und genau deshalb hat kalkulierte Schönheit immer etwas Starres und Verbissenes an sich, weil sie wenig Raum für Fantasie und Träume lässt und immer nur eine Botschaft trägt: Egal, was du unternimmst, du wirst immer unvollkommen bleiben. Dieser sich über lange Zeit hartnäckig gehaltene Trugschluss ist gerade dabei, entlarvt zu werden.

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Was Selbstliebe mit Schönheit zu tun hat

Die Bildsprache ist einer der mächtigsten Sprachen überhaupt, weil ihre Botschaften von fast allen Kulturen mit nur einem Blick verstanden werden können. Und noch nie war die Menschheit solchen Bilder-Fluten ausgesetzt wie heute. Aber noch nie zuvor war es Menschen auf solch einfache Weise möglich, selbst Bilder mit eigenen Botschaften in die Welt hinauszuschicken. Plötzlich können Millionen auf der ganzen Wellt mitbestimmen, was Schönheit ist. Und sie tun es, stündlich, tausendfach. Bei genauer Betrachtung ihrer Bilder wird deutlich: Schönheit ist nicht allein glatte Haut und Model-Maße. Schönheit ist Selbstliebe, sie ist ehrlich und sie ist echt. Schönheit ist Vielfalt. Um es mit der aktuell gefeierten Komikerin und Schriftstellerin Hannah Gadsby auszudrücken: „Vielfalt macht uns schlau.“ Deswegen sind wir klug genug und fallen auf die alten, ohnehin unerreichbaren Normen nicht mehr so leicht herein.

Klar, glatte Bilderwelten funktionieren immer noch, sonst würden die Kardashian-Frauen nicht insgesamt mehrere zehn Millionen Fans haben. Aber sie haben keine absolute Vormachtstellung in Sachen Schönheit oder für das, was dafür gehalten wird. Ihr Platz im Potpourri der Beauty-Welten hat genauso seine Berechtigung wie #therealme oder mit Glitzer dekorierte Besenreißer. Das macht die heutige Zeit so spannend. Und vor allem: Ein Zurück in die alten Zeiten, in der es nur ein Schönheitsideal gab bzw. nur eine eine einzige Vorstellung von ihr vorherrschte, gibt es nicht mehr. Ein Glück.

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