25. April 2019, 7:19 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Der Freund liked das Foto einer Fremden auf Instagram, kommentiert den neuesten Post seiner Ex? Da muss ja was dahinter stecken! Oder doch nicht? Eifersucht gab es in Beziehungen schon immer, dennoch scheint es, als sei die Gefahr von Misstrauen durch Instagram, Facebook & Co. größer und vor allem weniger greifbar geworden. Aber ist es tatsächlich so, dass die sozialen Netzwerke unsere Beziehungen schwieriger und angreifbarer machen? STYLEBOOK hat bei Soziologe und Zukunftsforscher Christian Schuldt nachgefragt.
Noch nie zuvor war es so einfach wie heute, das Tun des Partners zu kontrollieren. Und noch nie war es so „normal”, das auch tatsächlich zu tun und Stunden damit zuzubringen durch Fotos, Stories und Likes zu stalken, als wäre man einem Serienkiller auf der Spur. Wer sein Leben auf Instagram, Facebook und Co. zur Schau stellt – ehrlich oder geschönt – muss zwangsläufig damit rechnen, dass andere zugucken und ihre eigenen Schlüsse daraus ziehen. Auch der oder die Partner/in.
Gesteigerte Eifersucht durch Social Media?
Aber ist es wirklich so, dass das Eifersuchtspotenzial durch Social Media gesteigert wird, oder lässt es sich jetzt nur viel leichter ankurbeln und ausleben? „Mediale Distanz wirkt generell hemmungsverringernd, das belegen auch Online-Phänomene wie Hate Speechs oder Shitstorms”, erklärt Christian Schuldt vom Zukunftsinstitut. Man müsse sich „im wahrsten Sinne nicht mehr die Finger schmutzig machen” um herauszufinden, was der Partner treibe. Deshalb sei die Hemmschwelle deutlich niedriger, sich durch die Social-Media-Profile anderer zu stalken als zum Beispiel in der Tasche nach Beweismitteln für eine Affäre zu wühlen.
Eifersucht beginne durch Social Media vielleicht etwas früher, so der Experte: „Das Beobachten von Kontakten, die der oder die Geliebte neben der Beziehung pflegt, kann für Irritationen sorgen und das Vertrauen auf die Probe stellen”, erklärt Schuldt. Dafür reiche im Zweifelsfall schon das Kommentieren oder die Vergabe von Likes aus. Zunehmen würde die Zahl der Trennungen wegen Social-Media-Eifersucht jedoch nicht.
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So verändern soziale Netzwerke Beziehungen
Was sich durch Instagram, Facebook & Co. jedoch ändern würde, seien die Anforderungen an eine Beziehung: „Sicher verlangt die Möglichkeit, über digitale Kanäle und erst recht Dating-Apps wie Tinder schnell und unkompliziert Kontakt zu einer Menge Personen und auch potenzieller Partner zu haben, von Liebenden neue Formen von Vertrauen”, sagt Schuldt, „Vertrauen in die Beziehung wie auch in sich selbst – was ja ohnehin untrennbar ist.” Generell werde die Möglichkeit zu kommunizieren mit jeder sozialen Innovation größer und entsprechend komplexer. „Das kann Gutes wie Schlechtes bedeuten und erfordert auf jeden Fall neue Kommunikations- beziehungsweise Beziehungskompetenzen.”
Paaren rät der der Zukunftsforscher, den Umgang miteinander genau unter die Lupe zu nehmen: „Weniger ist mehr – weniger virtuelle Kommunikation, mehr echter Austausch von Angesicht zu Angesicht, reale Kommunikation. Wichtig ist eine gesunde Balance zwischen on- und offline.” Er empfiehlt, sich bewusster mit dem Thema auseinanderzusetzen, zu reflektieren und die „digitale Achtsamkeit” zu schärfen. Das sei sowohl für jeden Einzelnen, als auch für Beziehungen wichtig.
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Instagram und Co. bringen Menschen näher
Neben den genannten Herausforderungen gibt es laut Schuldt aber auch viele positive Effekte sozialer Medien auf Beziehungen – für Singles wie auch für Menschen in Partnerschaften. So sei es durch den „medial motivierten Abbau von Hemmungen” einfacher zu flirten und offener und intimer zu kommunizieren. Das gilt laut dem Experten auch für Beziehungen – so ließen sich beispielsweise durchaus Parallelen ziehen zwischen der Kommunikation via Messenger wie Whatsapp und der Briefkultur aus der Epoche der Empfindsamkeit des 18. Jahrhunderts.
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Die Macht liegt bei den Nutzern
Auch das Vertrauen könne durch die Nutzung sozialer Netzwerke gesteigert werden, weil die Partner „einander auch auf Distanz nah sein” und so immer am Leben des anderen teilhaben könnten. „Die Möglichkeit eines kontinuierlichen, intensiven Austauschs kann vertrauensfördernd wirken”, ist sich Schuldt sicher.
Trotz der genannten positiven Aspekte finden wir: Was am Ende zählt, sind ein respektvoller Umgang miteinander und die ehrliche Kommunikation im „Real Life“. Schließlich sind es nicht Instagram und Facebook, die Macht besitzen, sondern jene, die sie nutzen.