9. Januar 2024, 12:19 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Insolvenzen, wohin man nur schaut: Der deutsche Einzelhandel scheint es einfach nicht aus den roten Zahlen zu schaffen. Und diesmal trifft es erneut die gebeutelte Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof. STYLEBOOK fasst alle Fakten zusammen.
Die wirtschaftliche Situation des österreichischen Immobilienhändlers René Benko und seiner Signa-Holding hat doch stärkere Auswirkungen als zunächst vermutet. Und diese erreichen auch Galeria Karstadt Kaufhof (im weiteren Text nur Galeria genannt). Dabei hat es Galeria erst im Sommer letzten Jahres aus dem Schutzschirmverfahren geschafft. Und die Insolvenz in Eigenverwaltung erfolgreich abgeschlossen.
Galeria meldet dritte Insolvenz an innerhalb von weniger als vier Jahren
Die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof hat einen Antrag auf Insolvenz beim Amtsgericht Essen eingereicht, wie das Unternehmen am 9. Januar 2024 in Essen bekannt gab. Galeria sei auf der Suche nach einem neuen Eigentümer, und es wurden bereits Gespräche mit potenziellen Investoren aufgenommen. Das Ziel ist die Fortführung von Galeria.
Galeria-Chef Olivier van den Bossche sagte: „Galerias operativer Erfolg wird durch die Rahmenbedingungen der alten Eigentümerstruktur belastet. Wir sehen in dem heutigen Tag ausdrücklich einen Befreiungsschlag.“
Weiter heißt es in der Mitteilung: „Die Insolvenzen der Signa-Gruppe schädigen Galeria massiv, behindern das laufende Geschäft und schränken durch hohe Mieten und teure Dienstleistungen die künftige Entwicklungsmöglichkeit stark ein.“
Die finanzielle Schieflage der Signa-Holding von René Benko brachte Galeria Karstadt Kaufhof in Bedrängnis
Doch warum ist Galeria so von Signa abhängig? Signa hatte für die Sanierung 200 Millionen Euro zugesagt, die in mehreren Tranchen bis 2025 fließen sollen, die ersten 50 Millionen dem Vernehmen nach im Februar. Ob Galeria mit der Zahlung rechnen kann, ist weiter unklar. Es sieht zum jetzigen Zeitpunkt eher düster aus.
Galeria setzte Miete an Signa aus
Bis Ende November hatte Galeria seine finanziellen Verpflichtungen gegenüber den deutschen Signa-Tochtergesellschaften erfüllt, berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ unter Berufung auf Unternehmenskreise. Danach setzte das Unternehmen in weiser Voraussicht Mietzahlungen im Dezember aus.
Zum Hintergrund: Ende November 2023 habe eine der deutschen Tochtergesellschaften, die Signa Real Estate Management Germany, laut Medienberichten einen Insolvenzantrag gestellt. Die drohende Insolvenz der Signa-Holding und ihrer Tochtergesellschaften warf schon damals einen Schatten auf die Zukunft von Galeria und ließ die Unsicherheit über die finanzielle Stabilität des Unternehmens wachsen. Eine traurige Vermutung, die nun Gewissheit wurde.
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Insolvenz-Berater von Galeria erhielten angeblich Löhne in Millionenhöhe
Arndt Geiwitz, der Insolvenzverwalter, und sein Team, einschließlich Beratern, sollen beträchtliche finanzielle Mittel für das zweite Schutzschirm- und Insolvenzverfahren von Galeria Karstadt Kaufhof erhalten haben. Dies wird von Führungskräften der Firmenzentrale berichtet und durch interne Dokumente untermauert, die „Business Insider“ vorliegen.
Die Gesamtkosten des Insolvenzverfahrens von Galeria Karstadt Kaufhof sollen laut Angaben von „Business Insider“ 52 Millionen Euro betragen haben. Insidern zufolge sind diese Ausgaben auf die Arbeit von Arndt Geiwitz, Sachwalter Frank Kebekus, deren Mitarbeiter und weitere beteiligte Anwaltskanzleien zurückzuführen. Zusätzlich dazu hat Geiwitz externe Berater während des Insolvenzprozesses für 16 Millionen Euro eingebunden. Ein Sprecher von Geiwitz betont, dass die genannten 52 Millionen Euro nicht ausschließlich an Arndt Geiwitz, Frank Kebekus und deren Kanzleien geflossen seien, sondern an mehrere Unternehmen, die an der Insolvenz beteiligt waren.
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Galeria seit Juni eigentlich aus Schutzschirmverfahren
Zwischenzeitlich sah es fast rosig für die Zukunft von Galeria aus. Gemäß einem Beschluss des Amtsgerichts Essen schloss Galeria Karstadt Kaufhof zum 1. Juni das laufende Insolvenzverfahren ab, wie die „WirtschaftsWoche“ berichtete.
Galeria hatte Ende Oktober 2022 zum zweiten Mal in weniger als drei Jahren Rettung per Schutzschirm-Insolvenzverfahren angestrebt. Durch Verzicht von Gläubigern auf Milliardenforderungen während des Verfahrens konnte die Warenhauskette einen Ausweg aus der Krise finden. 37 von insgesamt 129 Filialen wurden laut Aussagen des Unternehmens geschlossen. Galeria beschäftigt laut eigenen Angaben mehr als 15.000 Menschen. Während des vorherigen Insolvenzverfahrens zahlte die Bundesagentur für Arbeit den Beschäftigten von Galeria drei Monate lang Insolvenzgeld.
Was jetzt wirklich mit dem letzten großen, deutschen Kaufhaus passieren wird, bleibt abzuwarten.