29. August 2022, 14:58 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Spanien versteht den Kampf gegen häusliche und sexuelle Gewalt an Frauen als Staatsauftrag. Nachdem bereits 2004 ein Gesetz, das speziell gegen häusliche Gewalt vorging, verabschiedet wurde, wurde nun das „Nur Ja heißt Ja“-Gesetz eingeführt. Was es damit auf sich hat, fasst STYLEBOOK für Sie zusammen.
Ende August verabschiedete das Parlament in Madrid die, als „Nur Ja heißt Ja“-Gesetz bekannt gewordene Neuregelung. Demnach wird fortan „Sex ohne eindeutige Zustimmung“ als Vergewaltigung eingestuft. „Zustimmung wird nur anerkannt, wenn eine Person diese aus freien Stücken durch Handlungen demonstriert hat, die im Kontext der Umstände des Falls klar den Willen der Person ausdrücken“, heißt es in dem Rechtstext.
Auslöser für das „Nur Ja heißt Ja“-Gesetz
Denkanstoß für das Gesetz war ein Sexualdelikt, bei dem im Juli 2016 eine Gruppe von fünf jungen Männern eine 18-jährige Frau in einem Hauseingang vergewaltigt. Besonders schlimm: Die Tat wurde zudem gefilmt. Doch das zuständige Gericht verurteilte die Männer 2018 lediglich wegen sexuellen Missbrauchs. Die Begründung: Es habe „weder Schläge noch Drohungen“ gegeben und das Opfer sei passiv geblieben. 2019 kippte Spaniens Oberster Gerichtshof das Urteil und verurteilte alle fünf Männer wegen Vergewaltigung. Ihre Haftstrafen wurden jeweils von neun auf 15 Jahre erhöht.
Dieser Fall sorgte nicht nur medial für ein Aufschreien. Er dient auch als Grundlage für die nun verabschiedete neue Regelung des „Nur Ja heißt Ja“-Gesetzes. Außerdem werden auch die Regeln für Belästigungen auf offener Straße, bekannt als Cat Calling, verschärft und der Schutz, sowie die Entschädigung der Opfer sexueller Gewalt verbessert. Auch werden unter anderem „einschüchternde“ Komplimente, sowie die Verbreitung von Sexvideos unter Strafe gestellt.
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Innovatives Gesetz gegen häusliche Gewalt
Bereits im Jahr 1999 sendete das staatliche Fernsehen die preisgekrönte Dokumentation „O mía o de nadie“, zu Deutsch: „Entweder sie gehört mir, oder sie gehört niemandem“. In der Folge verabschiedete das spanische Parlament 2004 das „Gesetz gegen geschlechtsspezifische Gewalt“. Im Dezember 2017 wurden der Kampf gegen Feminizid und sexuelle Gewalt sogar zur „Staatsaufgabe mit hoher Priorität“.
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Außerdem wurde im „Staatsvertrag gegen geschlechtsspezifische Gewalt“ festgelegt, dass Betroffene auch dann staatliche Hilfe erhalten, wenn sie keine Strafanzeige erstatten. Das könnte der Fall sein, weil sie Angst vor den Tätern haben. Erreicht wurde auch, dass das Thema auf dem Lehrplan von Schulen steht, mehr Forschung dazu finanziert wird und dass heute auch Gesundheitszentren Betroffene beraten. In jedem Rathaus soll eine Beratungsstelle errichtet werden. Um all das zu finanzieren, sind bis zu einer Milliarde Euro für den Zeitraum von 2017 bis 2022 vorgesehen.
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Quellen
- Mit Gesetzen gegen häusliche Gewalt, Deutschlandfunk
- Jeden dritten Tag muss eine Frau sterben, Goethe Institut