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Krönung der Belanglosigkeit

STYLEBOOK-Redakteurin: Darum ist mir das GNTM-Finale vollkommen egal 

Die Gewinnerin von 2022 – Lou-Anne – durfte noch in der großen Halle auftreten
Die Gewinnerin von 2022 – Lou-Anne – durfte noch in der großen Halle auftreten Foto: Getty Images
Rebecca Stringa
Redaktionsleitung bei STYLEBOOK

15. Juni 2023, 13:17 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Es ist wieder so weit: Die Xte-Siegerin von Germany’s Next Topmodel wird heute in Köln gekürt. Ohne Live-Publikum, dafür wahrscheinlich wieder mit sehr viel Heidi. Warum diese Staffel an Belanglosigkeit kaum zu überbieten war, lesen Sie bei STYLEBOOK.

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Das wohl spannendste an dieser Staffel war mit großem Abstand die erste Folge. Dort sah sich Topmodel-Mama Heidi Klum wohl zum ersten Mal genötigt, ein Statement bezüglich der Kritik an ihrer Sendung zu machen – um es dann direkt nach Ausstrahlung online in der Mediathek löschen zu lassen. Ob auch das GNTM-Finale weichgespült und voll mit „Diversity Washing“ sein wird? Wir fürchten schon!

Kritik an Sendung wurde laut

Sie erinnern sich, im Frühjahr 2022 trat die ehemalige Kandidatin Lijana Kaggwa mit einem YouTube-Video an die Öffentlichkeit und berichtete von Manipulationen am Set. Es wurde behauptet, dass Stylisten den Kandidatinnen Creme auf die Füße auftrugen, um sie auf dem Laufsteg in High Heels zum Rutschen zu bringen.

Eine Recherche des Spiegels enthüllte später „rechtswidrige Knebelverträge“, die von den Kandidatinnen unterzeichnet werden mussten. Die ehemalige Kandidatin Kera Rachel Cook sagte in dem Artikel: „In der Show wird ständig nach Möglichkeiten gesucht, um den Stress der Teilnehmerinnen zu erhöhen und sie vor dem Fernsehpublikum bloßzustellen.“ Vorher hatte sich auch eine ehemalige Kandidatin aus dem Dschungelcamp, Tessa Bergmeier, mit weiteren schweren Vorwürfen zu Wort gemeldet. Auch die Ex-Gewinnerin Simone Kowalski wird nicht müde, Kritik an GNTM auszuüben.

Auch interessant: Simone Kowalski: »GNTM machte mich krank!

Darum hängt dieses Jahr keiner am GNTM-Finale

So brisant die GNTM-Staffel auch startet, so klanglos wird sie mit dem Finale zu Ende gehen. Jeder macht Fehler, auch der German-Export-Schlager Heidi Klum. Doch diese verpasste ganz klar die Möglichkeit zur Kritik zu stehen und Besserung zu loben und zu leben – außer viel Abwehrmechanismus ihrerseits passierte leider nicht wirklich viel. Auch die vielfach hervorgehobene Diversität wurde mehr als Schutzschild hochgehalten: die Challenges blieben gleichsam skurril und die wechselnde Jury bestand zu 99 Prozent aus schlanken Topmodels – wunderschön, gar keine Frage, aber bis auf Ashley Graham (die immer als Curvy-Model-Sinnbild herhalten muss), auch null divers.

Diversität einfach mal konsequent vorleben, statt immer nur davon zu sprechen

Der Ansatz, Frauen in allen Facetten, Hautfarben und Formen zu feiern, ist super. Auch wenn die Gewinnerinnen vielleicht nicht die Runway-Stars der Zukunft werden, die Zuschauerinnen zu Hause, besonders die Heranwachsenden, lernen, was es heißt, inklusiv zu denken und niemanden wegen Äußerlichkeiten auszugrenzen. Doch auch in diesem GNTM-Finale ist „Diversity Washing“ ein unumgängliches Thema! Was sich dahinter verbirgt?

Dabei geht es darum, Angehörige von Minderheitengruppen in Funktionen zu pressen, die nur dazu dienen, in Gemeinschaften ein falsches Vertrauen aufzubauen, um etwa mehr Geld zu verdienen. Heißt: Diversity Washing ist nicht gleichbedeutend mit legitimem Wandel. Es ist Heidi und GNTM durchaus positiv anzurechnen, dass sie den Fokus vermehrt auf Vielfalt lenken – auch wenn dieser Wandel recht spät und erst mit sinkenden Zuschauer- und steigender Kritiker-Anzahl kam.

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Es nervt jedoch sehr, dass Diversity so stark in den Vordergrund gerückt wird. Wie wäre es denn mit „weniger reden, mehr handeln“? Statt immer zu erwähnen, dass Kandidatin XY Plus Size sei, älter oder nicht den Modelmaßen entspreche, sollte dies einfach gar kein Teil des Diskurses mehr sein. Viel wichtiger wäre die Message: Wir haben die Models ausgewählt, weil wir sie toll finden und jetzt geht es darum zu zeigen, wer am qualifiziertesten für den Job ist. Wir sollten alle mehr lernen, dass der Körper einer Frau nicht dauerhaft thematisiert werden sollte – auch nicht bei einer Castingshow wie GNTM.

Auch interessant: GNTM 2022 – Lou-Anne holt sich die Topmodel-Krone!

Die Zuschauerzahlen geben mir recht

Bemerkenswert ist jedoch, dass die wahrscheinlich quotenschwächste Staffel von GNTM auf das Jahr folgt, in dem die intensivsten Vorwürfe erhoben wurden. Germany’s Next Topmodel, bisher Quoten-Pony von Prosieben, hat in der aktuellen Staffel mit extrem schwachen Zuschauerzahlen zu kämpfen. In den 18 Jahren, in denen die Casting-Reise von Heidi Klum bereits läuft, hat Germany’s Next Topmodel immer wieder Quotentiefs überwunden.

Doch dieses Mal sieht es anders aus, denn die aktuelle Staffel befindet sich in einer ernsten Publikumskrise. Noch nie stand es so schlecht um die Sendung, wie die Branchen-Seite DWDL berichtete. Bereits zum zweiten Mal in Folge erreichte die Show den niedrigsten Wert der Staffel. Durchschnittlich 620.000 Zuschauer im Alter von 14 bis 49 Jahren waren live dabei, was laut DWDL der schlechteste Wert seit fünf Jahren sei.

Allzeit-Tief in der Geschichte der Show

Die Gesamtzahl der Zuschauer lag bei 1,23 Millionen, einschließlich der vorläufigen Berechnung der zeitversetzten Nutzung im Internet. DWDL bezeichnet diese Zahl als „Allzeit-Tief“ in der Geschichte der Show und bestätigt den rückläufigen Zuschauertrend in der aktuellen Staffel. Es wird somit die erste Staffel sein, die durchschnittlich weniger als zwei Millionen Zuschauer pro Folge erreicht. Die Gründe für das schwindende Interesse an GNTM können nur spekuliert werden. Seit ihrer Gründung wurde die Show und insbesondere Heidi Klum für ihre fragwürdigen Inhalte kritisiert, doch bisher haben die Quoten darunter nicht gelitten.

Sogar Heidis Papa Günther findet die Show langweilig

Doch auch Heidi Klums Vater Günther Klum äußert sich kurz vor dem Finale negativ über GNTM. Der ehemalige Manager veröffentlichte ein Video auf seiner Homepage namens „ProSieben auf Sparflamme“. Darin kritisierte er, dass das Finale nicht mehr vor einem großen Publikum und mit international bekannten Stars stattfindet, sondern in einem kleineren Studio. Er betonte, dass „Germany’s Next Topmodel“ für eine spektakuläre Show stehe und dass der Name und die Zuschauer es verdient hätten. Nach Klums Einschätzung sei dies derzeit leider nicht mehr der Fall. Kriselt es etwa im Hause Klum?

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Unrecht hat er nicht, denn erstmals findet das GNTM-Finale nicht in einer großen Halle in Köln, sondern nur im kleinen Kreis statt. Es gibt keine Karten zum Verkauf, nur Familien und Freunde der GNTM-Kandidatinnen sowie ausgewählte Gäste sind zum Event eingeladen. Presse wurde ebenfalls ausgeladen – wer hier Böses denkt …

Auch die Gäste sind mehr als fragwürdig für ein junges Publikum: Neben Jean Paul Gaultier stehen Designer Christian Cowan, Heidi Klums Tochter Leni, Choreograf Majnoon und Publikumsliebling Thomas Hayo auf der Gästeliste. Der prominenteste Gast wird sicherlich Hollywood-Star Jennifer Lawrence sein. Absurd wird es hier mit einem Auftritt der Scorpions: Fraglich, ob die Jugend von heute wirklich etwas mit dieser Band anfangen kann oder eher es auch möchte.

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Prosieben kontert der Kritik

Eine Sprecherin von Prosieben wies die Kritik zurück und betonte gegenüber der Nachrichtenagentur „spot on news“: „Herr Klum irrt. Allein unsere Gästeliste, angefangen von Jennifer Lawrence über Leni Klum, Jean Paul Gaultier und die Scorpions bis hin zum deutschen US-Superstar Kim Petras, zeigt: We Love To Entertain You.“ Damit wollte sie verdeutlichen, dass der Sender weiterhin bestrebt sei, das Publikum zu unterhalten.

Nun ja, die morgigen Zuschauerzahlen werden es zeigen – ich werde zumindest nicht dazu gehören. Nichtsdestoweniger wünsche ich den Teilnehmerinnen, aber selbstverständlich alles Gute. Und dass sie vielleicht nicht allzu schnell in der Belanglosigkeit des GNTM-Kosmos versinken.

Quellen

Themen Germany's next Topmodel Model
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