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Im STYLEBOOK-Interview

Cancer Coach Sarah Blumenfeld: »Ich habe überlebt, ich muss meine Erfahrungen weitergeben!

Sarah Blumenfeld ist Cancer Coach – aber was ist das eigentlich?
Sarah Blumenfeld ist Cancer Coach – aber was ist das eigentlich? Foto: Sarah Blumenfeld
Desireé Oostland
freie Autorin bei STYLEBOOK

1. November 2023, 6:38 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten

Sie selbst bekam dreimal eine Krebsdiagnose: Ihre erste mit gerade einmal 29 Jahren. Sarah Blumenfeld arbeitet heute als Cancer Coach und unterstützt Menschen, durch Aufklärung, Expertise, Wissensvermittlung und als Stütze in der schwersten Zeit. Sie fungiert als der Part, den sie sich während ihrer Erkrankungen gewünscht hätte. Mit STYLEBOOK sprach sie auf der Yescon über ihren beeindruckenden Lebensweg.

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Die Diagnose Krebs entzieht jedem Menschen, egal in welchem Alter, den Boden unter den Füßen. Die plötzliche Konfrontation mit einer lebensbedrohlichen und heimtückischen Krankheit kann das ganze Leben auf den Kopf stellen. Plötzlich nimmt das Leben einen anderen Weg als geplant und man steht vor neuen Herausforderungen, auf die man nie vorbereitet wird.

An der Masse an Informationen, die man ab diesem Zeitpunkt bekommt, kann man schnell verzweifeln. Wie stellt man die richtigen Fragen beim Arzt? Woher weiß man, ob die angewendeten Therapien wirklich die richtigen sind? Wie spricht man mit seiner Familie über all das? Genau bei diesen Themen hilft Cancer Coach Sarah Blumenfeld. Sie selbst hat drei Krebsdiagnosen erlebt und hat nach einer Nahtoderfahrung gewusst, dass ihre Aufgabe nach all diesen Ereignissen darin besteht, anderen Menschen zu helfen. Und das tut sie jetzt.

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Sarah Blumenfeld im STYLEBOOK-Interview

STYLEBOOK: Wie kam es zum Cancer Coaching?

Sarah Blumenfeld: „Cancer Coaching hat sich eigentlich erst über die Jahre hin gebildet. Das fing mit der ersten Diagnose bei mir an. Ich hatte insgesamt drei Diagnosen, die erste mit 29 Jahren, gleich nach der ersten Geburt meines zweiten Sohnes. Das ist aber 19 Jahre her. Ich fühlte mich damals alleingelassen. Ich hatte ganz wenig Beratung, und Ansprechpartner und ich habe dann 8 Monate später die zweite Diagnose, Lebermetastasen, bekommen, mit einer Prognose von einem halben Jahr und einer Hospiz-Empfehlung. Dann habe ich einen Arzt gefunden, in Heidelberg. Er gab mir zwar kein Heilversprechen, aber ich fühlte mich dort gut aufgehoben.

Wie ging es dann weiter?

Ich habe in der Zeit sehr viel mentale Arbeit geleistet. Ich bin überzeugt, dass für jede Erkrankung auch ganz tiefe Traumata in einem stecken, die eine Krankheit hervorrufen können. Deshalb frage ich mich: Was ist mental eigentlich in mir? Was lebt in mir? Mit dieser tiefen Arbeit, die nicht leicht gewesen ist, auch ohne psychologische Betreuung.

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Cancer Coach Sarah Blumenfeld: „Ich habe meine Kinder angesehen und mich dann für die Operation entschieden“

Wieso hast du keine Therapie gemacht?

Damals war es für mich so, wenn man bei Therapeuten war, dann wühlten die im Dreck und als man dann weinte und Lösungen benötigte, war die Zeit herum. Deswegen habe ich für mich einen Weg gefunden, um damit klarzukommen. Viel Reflexion, aber auch viel Umprogrammierung meiner Denkweisen, Visualisierung, Autosuggestion. Ich habe immer wieder Sätze gesagt und dann gemerkt, dass das wirklich funktioniert. 2,5 Monate später waren keine Metastasen mehr da. Ich glaube, dass einfach diese tiefe Arbeit etwas gemacht hat.

Und dann?

Das hat dann dazu geführt, dass es dann doch einen Arzt gab, der mich operieren wollte. Davor gab es keine Hoffnung mehr, ich sollte mir ja ein Hospiz suchen. Dann gab es diesen Arzt. Er hatte mir aber auch gesagt: Es kann sein, dass sie sterben, wir wissen nicht, ob es etwas wird. Aber falls es klappt, könnte es die Heilung bedeuten. Die Entscheidung, das zu machen, war nicht so einfach. Aber ich hatte meinen Sohn dabei, der war damals ungefähr drei Jahre alt und ich dachte mir: ‚Wenn ich das nicht mache, dann dauert all das Leid noch fünf Jahre und meine Kinder müssten das miterleben‘. Ich habe meine Kinder angesehen und mich dann für die Operation entschieden.

Wie verlief die Operation?

Ich habe es dann geschafft, naja fast geschafft. Es gab einen Herzstillstand, ich wurde 50 Minuten reanimiert und lag dann zwei Tage im Koma, hatte eine Nahtoderfahrung. Ich bin dann als anderer Mensch aufgewacht. Meine Eltern sagen auch, vorher war ich ein anderer Mensch. Ich glaube, dass ich dort den Auftrag bekommen habe. Das ist das, was ich heute mache. Ich dachte immer: Du hast deswegen überlebt, du musst deine Erfahrung und dein Wissen weitergeben.

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Sarah Blumenfeld über ihre Nahtoderfahrung und ihre dritte Diagnose

Wie und wann kam es zu deiner dritten Diagnose?

Mit der Nahtoderfahrung hatte ich noch einige Jahre zu tun. Dann hatte dann eine dritte Diagnose, einen Rückanfall. Beim dritten Mal habe ich dann alles anders gemacht. Ich nenne das, auch in meinem Buch, einen Turnaround, den ich da hatte. Ich habe keine Chemotherapie mehr gemacht, keine antihormonelle Therapie mehr. Und ich bin dann noch tiefer in die mentale Ebene gegangen, habe mich intensiv mit Ernährung und Sport auseinandergesetzt und dann fünf Jahre eine spezielle Ernährung durchgeführt und parallel dazu habe den Sport getrieben, der damals empfohlen wurde: Viermal die Woche für vierzig Minuten Ausdauer. Ich habe im Taxi geschlafen und bin nach Hause und sofort Schuhe angezogen und raus.

Es war nicht einfach, aber ich wusste, wenn ich das nicht mache, wird es mich einnehmen. Fatigue, eine Begleiterscheinung der Therapien, machen auch Depressionen und das wollte ich nicht. Ich bin dann durch die Therapie durchgelaufen und bin dann drei Monate nach der Beendigung meiner Strahlentherapie meinen ersten Halbmarathon gelaufen. Seither bin ich gesund – das ist jetzt 14 Jahre her und in der Zeit habe ich mich immer mehr damit auseinandergesetzt.

Beziehst du dich beim Coaching auf deine Erfahrungen?

Viele fragen mich: Wie hast du das gemacht? Ich kann es gar nicht sagen, wie ich es gemacht habe. Ich habe versucht, es zu sezieren und Ausbildungen zu machen, damit es auch eine Qualität hat. Parallel habe ich das Buch geschrieben. Ich habe es nicht nur als Biografie geschrieben, sondern auch ergänzt mit dem Wissen als Cancer Coach.

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Was versteht man unter Cancer Coaching?

Was bedeutet Cancer Coaching?

Ab dem Zeitpunkt der Diagnose, aufzuklären. Denn nur mit Aufklärung können wir die richtigen Fragen beim Arzt stellen. Für Ärzte ist es auch schwierig, so breit aufzuklären. Es ist auch wichtig, dass jemand außerhalb da ist, der auch mal mit über einen Arztbrief schaut. Und gemeinsam mit überlegt: Was kann ich außerhalb der Schulmedizin noch machen, um mein System zu stärken? Wie kann ich die Nebenwirkungen reduzieren, welchen Einfluss hat Sport? Welchen die Ernährung? Und am Ende unterstütze ich auch, wenn man möchte, auf mentaler Ebene.

Auch das Thema Kommunikation spielt in deinem Coaching eine große Rolle, richtig?

Ich kläre auch darüber auf, was es heißt, richtig mit Arzt und Familie zu kommunizieren, ohne sich abwimmeln zu lassen. Das habe ich ja selbst schon erlebt. Ich habe ergänzend noch eine Mediatoren-Ausbildung gemacht und das Thema Kommunikation zu intensivieren. Ich hielt es für wichtig, Wissen qualifiziert weiterzugeben. Wenn die Patienten zu mir kommen, sind sie meist frisch nach einer Diagnose schockiert. Man bekommt so viele Informationen, man weiß nicht, was richtig und was falsch ist. Bei all den Informationen kommt man durcheinander. Wenn sie zu mir kommen, bringe ich Ruhe und eine Strukturierung rein. Sie sprechen mit ihren Ärzten danach auch anders, leiten auch selbst weitere Diagnostikverfahren ein. Sie fühlen sich sicherer.

Sarah Blumenfeld über ihr Coaching-Angebot

Wie finden dich die Leute?

Tatsächlich ist es so, dass viele Menschen googeln, was man noch alles machen kann. Ich arbeite mit Schulmedizinern, aber auch mit integrativer Medizin. Ich glaube, es ist wichtig, diese Dinge zusammenzutragen. So finden mich die meisten Menschen. Aber sie finden mich auch über Artikel oder Sendungen, oft auch durch Empfehlungen.

Wo finden deine Coachings statt?

Überwiegend findet alles online statt, aber es gibt auch viele Patienten, die zu mir reisen. Auf Wunsch und nach Bedarf reise ich natürlich auch zu den Patienten, denn auch Angehörige benötigen Aufklärung, ebenso wie Betroffene. Doch die meiste Beratung findet digital statt, so kann man bundesweit und weltweit beraten.

Wie hast du deine Diagnose damals deinen Kindern erklärt?

Als ich das erste Mal meine Haare verloren habe, war mein ältester Sohn zwei Jahre alt. Ich habe ihn dann ins Bett gebracht und musste weinen. Und er meinte: ‚Mama muss weinen?‘ Und ich habe gemerkt, er braucht Antworten. Sie fühlen ja die Veränderung, nehmen es aber nicht bewusst wahr. Als er das sagte, habe ich mein Kopftuch heruntergenommen. Und er hat das Easy aufgenommen. Kinder nehmen die Situation an, weil sie nicht weiterdenken.

Ich habe ihm dann gesagt: ‚Mama hat eine Krankheit und bekommt Medikamente, die helfen, aber manchmal geht es mir nicht gut, aber alles wird und die Haare kommen wieder.‘ Und dann war es für einen Moment still und dann hat er seine Hände auf meine Glatze gelegt und gesagt: ‚Nicht schlimm Mama, die Haare kommen wieder.‘ Aber man sollte echt aufpassen, wie viel man sagt, jedoch nicht lügen, denn so verliert man das Vertrauen der Kinder.

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Wie schaffst du es, bei dem Thema deine Vergangenheit nicht selbst immer wieder aufkochen zu lassen, wenn du diesen Job machst?

Ich habe meine Entscheidung immer über Abwägen getroffen. ‚Was ist wenn..?‘ So war das hier auch. Ich habe mir die Frage gestellt, was passiert denn, wenn ich mich nicht abgrenzen kann? Doch ich fühlte das immer als Verpflichtung. Am Ende sind es nur Gefühle, die es verhindern würden, meine Arbeit richtig zu erledigen. Gefühle sind sehr stark, aber ich habe mich gefragt, was den Menschen fehlt, die diese Expertise benötigen. Und dann setzte ich über allem. Das steht so weit oben, dass ich einen Schalter umlegen konnte. Doch es nimmt mich auch mit. Wenn es bei einem Patienten beispielsweise einen unguten Verlauf nimmt und der Mensch stirbt, dann weine ich natürlich auch, ich zünde Kerzen an, ich bete und lasse los. Aber ich weiß, dass ich auf dem Weg bis dahin helfen konnte. An den Denkstrukturen arbeiten konnte. Damit bereitet man Menschen auch auf einen inneren Frieden vor.

Was möchtest du unseren Lesern noch sagen?

Das, was ich tue, tue ich aus tiefster Überzeugung und aus Herzen. Ich wünsche mir, dass die Menschen mutig sind und sich aufklären lassen, damit sie den Mut umsetzten können.

Quelle

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