1. Januar 2020, 12:27 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Party, Protz, Affären: Das belgische Königshaus war für den Boulevard lange ein Glücksfall. Mittlerweile ist es im Schloss Laeken ruhiger geworden. Über ein Königshaus, das neue Schwerpunkte legt.
Ein König, dem eine uneheliche Tochter nachgesagt wird; eine Königin, die als „Party-Prinzessin“ galt; ein Königsbruder, den die Belgier als „Prinz Vollgas“ kennen: Man kann wirklich nicht behaupten, das belgische Königshaus habe keine Geschichten zu erzählen. Doch all diese Protagonisten sind mittlerweile aus dem Rampenlicht verschwunden. Im Palast ist regiert mittlerweile die Bodenständigkeit. Für Aufsehen sorgt heute, wenn überhaupt, die 18-jährige Kronprinzessin Elisabeth.
So lange ist es aber noch nicht her, dass Belgien anderen Königshäusern Europas in Sachen Skandal-Faktor kaum nachstand. Die Geschichten aus dem Palast fesselten das Land zwischen Nordsee und Ardennen.
Seit 2013 sind König Philippe (59) und Königin Mathilde (46) die Monarchen Belgiens. Mit ihnen kehrte im Schloss Laeken im Norden Brüssels Ruhe ein. Als Philippes Vater, König Albert II, und seine Frau Paola noch im Mittelpunkt standen, war das anders.
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Die wilden Jahre der belgischen Royals
Die italienischstämmige Paola galt in den wilden 1960er-Jahren als „Party-Prinzessin“. Fotos von Albert in Begleitung junger Damen tauchten auf – bald darauf war Paola in Begleitung anderer Männer zu sehen. Ihr wurde eine Affäre mit dem Sänger Adamo („Dolce Paola“) nachgesagt. Zum Königspaar wurden Albert und Paola 1993 – doch die Gerüchte hielten an. 1999 spekulierte ein Biograf über ein uneheliches Kind Alberts. Noch heute streitet die 1968 geborene Künstlerin Delphine Boël vor der belgischen Justiz darum, offiziell als Alberts leibliche Tochter anerkannt zu werden. Albert musste sich bereits einem gerichtlich angeordneten Gentest unterziehen – bestreitet aber nach wie vor Boëls Vater zu sein. Die Öffentlichkeit verfolgt das Schauspiel gebannt.
Das gilt auch für die Vergangenheit des Prinzen Laurent (56), den Bruder des heutigen Königs. Mal musste „Prinz Vollgas“ wegen überhöhter Geschwindigkeit seinen Führerschein abgegeben, mal sorgt er mit einem Auftritt im Bademantel für öffentlichen Spott. Aber: Das ist schon Jahre, wenn nicht Jahrzehnte her. Jüngster Aufreger war, dass er entgegen einer schriftlichen Aufforderung der Regierung in die ehemalige belgische Kolonie Kongo reiste. Daraufhin kürzte das belgische Parlament dem Prinzen 2018 seine Bezüge.
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Belgiens Königshaus zelebriert die Bodenständigkeit
Von einem öffentlichen Auftritt im Bademantel König Philippes ist indes nichts bekannt. Stattdessen veröffentlichte der Palast zum 20. Hochzeitstag kürzlich Fotos von Philippe und Mathilde zusammen mit zwei Hunden.
Wohldosiert lassen die Monarchen ihr Volk am Leben der königlichen Familie teilhaben. Meist sind es jedoch Fotos aus dem beruflichen Alltag, die auf Twitter oder Instagram gepostet werden: beim Kriegsgedenken, in einem Kinderkrankenhaus, bei einer Rede. Vor Weihnachten veröffentlichte das Königshaus ein Familienfoto mit Festtagsgrüßen. Von Skandalen hat man schon lange nichts mehr gehört.
Adelsexpertin: »König Philippe ist ein eher spröder Mann
Wenn man Königshausexpertin Leontine Gräfin von Schmettow fragt, was die Bevölkerung heute noch an der Monarchie fasziniert, sagt sie: „Die Menschen wollen Pomp und Glamour sehen.“ Das belgische Königshaus setze hingegen eher auf Inhalte als auf Inszenierung. Über das Privatleben der Familie erfahre man wenig. Von Schmettow sieht darin auch eine Konsequenz aus den vergangenen Eskapaden der Royals. Hinzu komme, dass König Philippe ein eher spröder Mann sei.
Mehr und mehr Interesse weckt hingegen Kronprinzessin Elisabeth. Sie ist die Älteste von vier Geschwistern und feierte am 25. Oktober 2019 ihren 18. Geburtstag. Belgische Medien loben ihren lässig-eleganten Stil, der Palast rückt sie mehr und mehr in den Fokus. „Sie steht für die Zukunft“, sagt von Adelsexpertin Schmettow.
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Belgien als Beispiel für eine zeitgemäße Monarchie
Leontine Gräfin von Schmettow sieht in der belgischen Bodenständigkeit aber auch ein zeitgemäßes Monarchie-Modell. Die Bevölkerung habe heute andere Anforderungen an Königshäuser als früher, sagt die Königshausexpertin.
Affären und uneheliche Kinder passten nicht in die heutige Zeit. „Vielleicht ist es gut, dass Menschen auf dem Thron sitzen, die ihre Aufgabe so ernst nehmen.“
Mit Material von dpa