21. November 2019, 16:32 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Es wird eng für den zweitältesten Sohn der Queen. Wegen der Vorwürfe im Missbrauchsskandal um den toten US-Geschäftsmann Jeffrey Epstein hängt nun die Rolle Prinz Andrews als aktives Mitglied der Königsfamilie in der Schwebe. Doch das könnte erst der Anfang sein.
Nach der Ankündigung, seine Aufgaben als Mitglied der Königsfamilie ruhen zu lassen, dürfte der Druck auf den Royal steigen, bei den Ermittlungsbehörden in den USA auszusagen. Erstmals stellte Andrew das nun uneingeschränkt in Aussicht. Zum Hintergrund: Epstein hatte sich Anfang August in einem New Yorker Gefängnis das Leben genommen. Ihm wurde vorgeworfen, Dutzende minderjähriger Frauen missbraucht und zur Prostitution gezwungen zu haben. Über viele Jahre war Andrew mit dem US-Multimillionär befreundet, war regelmäßiger Gast auf dessen Anwesen. Trotzdem will er von dem Missbrauch nichts mitbekommen haben.
Mehrere Opferanwältinnen im Missbrauchsskandal um den gestorbenen US-Multimillionär Jeffrey Epstein haben den britischen Prinzen zu umfassenden Aussagen aufgefordert. Der Prinz solle nicht nur zu den strafrechtlichen Ermittlungen des FBI beitragen, sondern auch in Zivilklagen eidesstattliche Erklärungen abgeben und Beweismittel zur Verfügung stellen, sagte die US-amerikanische Anwältin Lisa Bloom dem Sender BBC am Donnerstag. Dazu gehörten auch E-Mails, Kalender, Reisepläne und die Erlaubnis, dass seine Mitarbeiter aussagen. Bloom deutete sogar an, sie könne versuchen, eine Aussage Andrews zu erzwingen. Würde sich der Prinz weigern, könne es zu einer „diplomatischen Situation“ zwischen Großbritannien und den USA kommen, sagte die Opferanwältin. „Ich hoffe, dass es nicht dazu kommt, ich nehme ihn beim Wort, dass er sagt, er werde mitwirken.“ Zu den Vorwürfen gegen Andrew sagte Bloom, diese seien ihrer Kenntnis nach auch im Fokus des FBI und die Ermittlungen „könnten und sollten“ nach Großbritannien ausgedehnt werden.
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Zwei Versionen einer Geschichte
Eines der Opfer erzählt eine andere Geschichte. Virgina Giuffre erinnert sich daran, als 17-Jährige mehrmals zum Sex mit dem Prinzen gezwungen worden zu sein, Andrew hingegen weist das weit von sich. Doch ein Foto, das ihn mit der damals Jugendlichen im Londoner Haus der Epstein-Partnerin Ghislaine Maxwell zeigt, den Arm um ihre entblößte Hüfte gelegt, kann er nicht erklären. Bei einem BBC-Interview, das für ihn zum Befreiungsschlag werden sollte, wirkte er unbeholfen. Er könne sich nicht an Giuffre, die damals Roberts hieß, erinnern, so seine Verteidigung. Er wisse aber noch genau, dass er an dem betreffenden Abend in einem Pizzarestaurant in einem kleinen Ort nahe London gewesen sei. Zu den Ereignissen könnte Andrew möglicherweise bald von Beamten der US-Ermittlungsbehörde FBI befragt werden. Das forderte unter anderem die amerikanische Opferanwältin Gloria Allred bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Los Angeles. Sie vertritt mehrere Epstein-Opfer. Müsste der Prinz unter Eid aussagen, würde er Gefahr laufen, sich mit einer Falschaussage strafbar zu machen.
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Mitgefühl mit den Opfern
Noch bei seinem BBC-Interview vor wenigen Tagen hatte Andrew einer Aussage nur unter Vorbehalt zugestimmt, in einer Mitteilung am Mittwochabend gab er den Widerstand auf. Er bereue weiterhin uneingeschränkt seine Verbindung zu Epstein und habe zutiefst Mitgefühl mit den Opfern, so Andrew. „Selbstverständlich bin ich bereit, mit jeder zuständigen Ermittlungsbehörde zusammenzuarbeiten, wenn es notwendig sein sollte.“ Gleichzeitig gab er seinen vorläufigen Rückzug von den Aufgaben als Mitglied der britischen Königsfamilie bekannt. Ihm sei klar geworden, „dass die Umstände meiner früheren Verbindung zu Jeffrey Epstein zu einer enormen Störung geworden sind für die Arbeit meiner Familie und die wertvolle Arbeit in den Organisationen und Vereinen, die ich mit Stolz unterstützt habe“, schrieb Andrew. Er habe daher die Queen gebeten, „auf absehbare Zeit“ von seinen Aufgaben zurücktreten zu dürfen. Die Königin habe ihm das gewährt.
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In den vergangenen Tagen war Andrew immer stärker unter Druck geraten. Mehrere große Sponsoren entzogen Projekten ihre Unterstützung, für die Andrew als Schirmherr fungierte. Darunter waren so namhafte Unternehmen wie BT (British Telecommunications), die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG und die Bank Standard Chartered. Der Druck, in den USA auszusagen, dürfte weiter wachsen. Nach Medienberichten hat Virginia Giuffre der BBC bereits ein Interview zu ihren Vorwürfen gegen Andrew gegeben.