23. Dezember 2019, 14:54 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Die Rolle Prinz Andrews im Missbrauchsskandal um den US-Geschäftsmann Jeffrey Epstein hat nach Ansicht von Experten die größte Krise des britischen Königshauses seit dem Tod von Prinzessin Diana ausgelöst. Aber die Queen musste in diesem Jahr noch weitere familiäre Rückschläge einstecken.
„Die Monarchie macht sehr schwierige Zeiten durch“, sagte Royal-Expertin und Autorin Penny Junor der britischen Nachrichtenagentur PA. Andrew habe mit seinem Rückzug von seinen royalen Verpflichtungen zwar noch Schlimmeres verhindert. Das Resümee der Expertin mit Blick auf das Königshaus ist dennoch vernichtend: „Es war ein katastrophales Jahr.“
Prinz Andrew gerät immer tiefer in den Strudel des Skandals um den toten US-Multimillionär Jeffrey Epstein. Der soll Dutzende minderjährige Frauen missbraucht und zur Prostitution gezwungen haben. Er wurde Anfang August tot in einem New Yorker Gefängnis gefunden. Nach seinem Tod wird nach möglichen Komplizen gesucht und der jüngste Sohn der Queen steht im Fokus. Er war viele Jahre lang mit Epstein befreundet.
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Prinz Andrew und der Sexskandal
Mit einem BBC-Interview wollte der Prinz sich wieder in ein besseres Licht rücken, erfolglos. Der 59-Jährige redete sich um Kopf und Kragen; Experten sprachen von einer „PR-Katastrophe.“ Vorwürfe einer US-Amerikanerin, dass sie von Epstein mehrmals zum Sex mit Andrew gezwungen worden sei, konnte der Prinz nicht entkräften.
Königin Elizabeth II. hat von dem Interview des Prinzen gewusst, wie der Buckingham-Palast einräumte. Andrew legte seine royalen Pflichten nieder, auf die Verlobungsparty seiner Tochter Beatrice traute er sich nicht. Zu groß die Gefahr vor noch mehr negativer Presse. Wie desaströs es für ihn enden würde, hatte die Monarchin aber wohl nicht geahnt. „Ich gehe davon aus, dass die Queen entsetzt ist, so Royal-Autorin Junor weiter. Andrew soll der Lieblingssohn der Queen sein, ist aber nicht ihr einziges Sorgenkind.“
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Harry und Meghan gegen den Rest
Prinz Harry und seine Frau Meghan sondern sich immer mehr vom Königshaus ab. Sie pochen auf ihre Privatsphäre und halten insbesondere zu Prinz William und Kate Abstand. Sogar das erste Weihnachtsfest mit ihrem Baby Archie werden sie nicht gemeinsam mit der Monarchin feiern. Sie feiern mit Meghans Mutter in Kanada. Apropos William: Mehrere britische Boulevardblätter sagten dem dreifachen Vater in diesem Jahr nach, seine Frau Kate zu betrügen.
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Sorgen bereitet der Queen auch ihr Ehemann: Der fast 100-jährige Prinz Philip ist kaum noch in der Öffentlichkeit zu sehen. Anfang des Jahres war er in einen Autounfall verwickelt und bat erst verspätet bei den Verletzten um Entschuldigung. Nur wenige Tage später wurde Philip wieder am Steuer eines Geländewagens gesichtet – nicht angeschnallt. Erst nach öffentlichem Druck gab er schließlich den Führerschein ab. Kurz vor Weihnachten musste wegen gesundheitlicher Probleme in die Klinik.
Erinnerungen an das Skandaljahr 1992
Auch das zermürbende Ringen um den Brexit hat seine Spuren am Königshaus hinterlassen. Als die Queen im September auf Empfehlung von Premier Boris Johnson das Parlament in eine Zwangspause schickte, wurde diese Entscheidung vom Obersten Gericht gekippt. Die Königin mischt sich nie in die Politik ein, doch das war eine Demütigung.
Die Royals haben schon bessere Zeiten gesehen. Die Ereignisse jetzt seien aber nicht mit dem annus horribilis – dem Schreckensjahr 1992 – zu vergleichen, betonte die Sozialhistorikerin Judith Rowbotham von der Universität Plymouth. Damals ließen sich drei der vier Kinder der Queen scheiden oder trennten sich von ihren Partnern: Prinzessin Anne und Mark Phillips, Prinz Andrew und Sarah „Fergie“ Ferguson sowie Prinz Charles und Diana. Im selben Jahr stand Schloss Windsor in Flammen.
Die Queen im Krisenmanagement
Damals wie heute bewahrte die Queen ihre Haltung: eine „stiff upper lip“, eine steife Oberlippe, wie man in Großbritannien sagt. Dass Sohn Andrew seine royalen Aufgaben ruhen lässt, verkündete der Buckingham-Palast ausgerechnet an ihrem 72. Hochzeitstag mit Prinz Philip.
Nur einmal nahmen die Briten der Queen ihre Haltung übel: als Ex-Schwiegertochter Diana 1997 bei einem Autounfall in Paris starb, gemeinsam mit dem Geliebten. Die Nation versank in Trauer, die Queen schwieg. Ihr wurde Gefühlskälte vorgeworfen. Ihr Ansehen war so ramponiert, dass PR-Strategen das ganze Königshaus modernisierten.
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Wie geht es weiter?
Wie geht es nun weiter mit den Royals? Prinz Andrew signalisierte bereits seine Bereitschaft, nun doch bei den Ermittlungsbehörden in den USA auszusagen. Ob der umstrittene Prinz jemals wieder seine royalen Pflichten ausführen wird? Unwahrscheinlich. Denn Thronfolger Prinz Charles wird nachgesagt, dass er nach dem Tode der Queen ohnehin die Zahl der Repräsentanten des Königshauses reduzieren wird.
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Wird die Königin bald Charles den Thron überlassen? Auch unwahrscheinlich. Sie hat stets betont, dass sie ihr ganzes Leben – „sollte es kurz oder lang werden“ – den Untertanen widmet. Doch klar ist auch, dass Charles immer mehr ihrer Aufgaben übernimmt und sich zu einer Art „elder statesman“ entwickelt hat, den die meisten Briten inzwischen mögen. Als die Wellen in London wegen Andrew richtig hochschlugen, waren Charles und Camilla weit entfernt: Sie kamen ihren repräsentativen Pflichten als Royals in Neuseeland nach.