6. Februar 2020, 7:51 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Harry und Meghan haben ein Exempel statuiert: Warum sich von royalen Traditionen einengen lassen, wenn man in der Thronfolge ohnehin weit abgeschlagen ist? Tatsächlich ist das britische Königshaus nicht das erste und einzige, in dem eine personelle Verschlankung stattfindet. Was bedeutet das für die Monarchie?
Als Prinz Harry und Herzogin Meghan Anfang Januar aus dem britischen Königshaus Reißaus nahmen, war der Aufschrei groß. Die Queen im Stich gelassen, die royalen Pflichten verletzt – es waren bei weitem nicht alle amused über die Entscheidung des Pärchens. Wirft man aber einen Blick in die anderen Paläste Europas, so fällt auf: So einzigartig ist das Schrumpfen der britischen Monarchie gar nicht! Tatsächlich befinden sich gerade mehrere Königshäuser auf personeller Abspeckkur – aus den unterschiedlichsten Gründen.
„The Firm“ verliert Mitarbeiter
Harry und Meghan haben ihre Entscheidung mit dem Wunsch nach mehr Privatleben und persönlicher Entfaltung begründet. Aussichten auf den Königstitel hatte der Queen-Enkel hinter seinem Vater Charles, Bruder William und dessen Kindern George, Charlotte und Louis ohnehin nicht. Warum sich nicht also den royalen Fesseln entwinden? Ohnehin soll Thronfolger Charles schon lange vorgehabt haben, das Königshaus personell zu verkleinern. Der Verlust mehrerer „Mitarbeiter“ binnen eines Monats hat die „Firma“ – wie sich die britischen Royals nennen – trotzdem schwer getroffen. Denn: Nicht nur Harry und Meghan sind von ihren Royal-Aufgaben zurückgetreten, auch Prinz Andrew musste sich wegen seiner Verwicklung in den Missbrauchsskandal um den US-Millionär Jeffrey Epstein aus dem Königshaus zurückziehen.
Skandalfreie Verkleinerung
Eine skandalfreiere Verkleinerung hat das schwedische Königshaus hingelegt: König Carl XVI. Gustaf entschied im Oktober 2019, dass fünf seiner sieben Enkel in Zukunft keine königlichen Amtsgeschäfte auf höchstem Niveau mehr ausüben müssen. Das betrifft die Kinder von Prinzessin Madeleine und ihrem Mann Christopher O’Neill sowie die von Prinz Carl Philip und seiner Frau Prinzessin Sofia.
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Das bedeutet für die Enkel des schwedischen Königs, dass sie zwar weiterhin Mitglieder der königlichen Familie bleiben, nicht aber des königlichen Hauses – ein kleiner, aber feiner Unterschied auf dem Weg zu mehr Privatsphäre. Die Schweden waren überrascht vom Schachzug ihres Königs. Eine klare Ansage von oben, angemessene Erklärungen des Hofes und öffentliches Lob von Madeleine und Carl Philip für den Schritt sorgten aber für landesweites Verständnis. „Die Kinder sind endlich von den königlichen Fesseln befreit worden“, urteilte etwa die schwedische Boulevardzeitung „Expressen“.
Spar-Royals in Spanien
Andere Königshäuser haben sich schon früher bewusst verkleinert. In der Hinsicht hat sich kaum ein anderer König so entschlossen gezeigt wie Spaniens Felipe VI.. Er stellte von Anfang an klar, ein moderner Monarch sein zu wollen. Schon bei der Thronbesteigung 2014 ließ er mehrere Reformen in Kraft treten, darunter auch eine Verkleinerung der „Casa Real“. Dem spanischen Königshof gehören seitdem neben Felipe nur noch Königin Letizia, Kronprinzessin Leonor, Prinzessin Sofía sowie das emeritierte Königspaar Juan Carlos I. und Sofía an.
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Seine älteren Schwestern Elena und Cristina warf Felipe damals kurzerhand aus dem inneren königlichen Zirkel. Sie müssen sich seitdem mit dem Titel „Familienangehörige seiner Majestät des Königs“ begnügen. Felipes Durchgreifen ergibt für den spanischen Steuerzahler aber durchaus Sinn: Jeder Spanier muss für das Königshaus, das mit einem Haushalt von knapp 7,9 Millionen Euro zu den kostengünstigsten zählt, statistisch nur rund 17 Cent im Jahr zahlen – im Vergleich zu anderen Häusern herrschen in Madrid also echte Budget-Royals.
Schlankes Königshaus in den Niederlanden
In den Niederlanden war der Thronwechsel 2013 ebenfalls Anlass für eine deutlichere Verkleinerung des Hofes: Nur noch Verwandte ersten Grades von König Willem-Alexander gehören seither zum Königshaus. Das sind neben dem Monarchen noch Frau Máxima, die drei gemeinsamen Töchter, Ex-Königin Prinzessin Beatrix samt Sohn Constantijn und dessen Frau Laurentien sowie Beatrix‘ Schwester Margriet und deren Mann Pieter van Vollenhoven. Willem-Alexanders Cousins samt Anhang sowie auch die Kinder seiner Brüder sind nur noch Mitglieder der Königsfamilie.
Zuwachs im belgischen Königshaus?
Ein Kuriosum erleben gerade die Belgier: Nach jahrelangem Dementi hat Ex-König Albert II. die Künstlerin Delphine Boël als seine uneheliche Tochter anerkannt – nach öffentlichem und juristischem Druck und einem Gentest, der alle Zweifel ausräumte. Bekommt das belgische Königshaus damit entgegen dem Trend ein neues Mitglied? Nein, Boël wird nicht zur Prinzessin und erhält auch keinen Platz in der Thronfolge, öffentliche Auftritte im Namen der Königsfamilie sind für Philippes Halbschwester ebenfalls ausgeschlossen.
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Das schleichende Ende der Monarchie?
Wohin führt also der Weg der Königshäuser? „Im Jahr 2020 ist es hoffnungslos unmodern, Prinz oder Prinzessin zu sein“, lautete das düstere Urteil der „Expressen“ nach dem Goodbye von Harry und Meghan. Manche Briten sahen in dem „Megxit“ bereits das endgültige Indiz für eine bröckelnde Monarchie. Vielleicht stellt all das aber auch lediglich einen Trend zu schlankeren Palästen dar: Die Königshäuser schrumpfen sich gesund und passen sich damit letztlich an die Moderne an.
Mit Material von dpa