8. Mai 2024, 14:23 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
An Kollagen kommt man im Beauty-Sektor kaum vorbei. Auf fast allen Anti-Aging-Produkten wird mit besagtem Wirkstoff geworben. Doch was steckt wirklich dahinter? Unsere Redakteurin Rebecca Stringa hat sich für Sie intensiv damit auseinandergesetzt.
Sie stehen in der Drogerie auf der Suche nach einer Creme, die die Elastizität der Haut verbessert. Von den ganzen Werbeversprechen übermannt, entscheiden Sie sich schlussendlich für ein Produkt mit Kollagen. Doch kann der Inhaltsstoff tatsächlich all diese Kriterien erfüllen oder fallen wir auf den nächsten Marketinggag herein? STYLEBOOK fasst für Sie Studien zusammen, fragte bei einem Experten nach und bietet bessere Alternativen an.
Übersicht
Was ist Kollagen und seine Bedeutung für die Haut?
Kollagen ist ein faserartiges Protein, das natürlicherweise im Körper vorkommt und für die Festigkeit und Struktur der Haut von entscheidender Bedeutung ist. Es macht einen Großteil des Bindegewebes der Haut aus und sorgt für ihre Elastizität. Mit zunehmendem Alter nimmt jedoch die Produktion von Kollagen im Körper ab, was zu Faltenbildung, Elastizitätsverlust und einem allgemein fahleren Hautbild führen kann. Doch seine Bedeutung reicht weit über die Haut hinaus, da es auch für die Festigkeit von Knochen, Sehnen, Bändern und anderen Geweben essenziell ist.
Wie wendet man den Wirkstoff an?
Die Anwendung von Kollagen in Form von Cremes, Seren und Masken soll dazu beitragen, die Anzeichen der Hautalterung zu reduzieren. So die Theorie, es gibt aber einen relativ großen Haken! Um es kurzzufassen: Die Wahrheit ist, dass Kollagenmoleküle einfach zu groß sind, um unter Ihre Epidermis (die äußerste Hautschicht) zu gelangen. Was bedeutet das in der Hautpflege?
Die Kollagencreme bleibt also einfach auf der Hautoberfläche. Sie spendet zwar Feuchtigkeit und verleiht vorübergehend den Anschein praller Haut, bietet aber keine tatsächlichen, langfristigen Anti-Aging-Vorteile. Da Kollagen nicht in die Dermis gelangt, werden Sie keine Verbesserungen der Hautelastizität durch eine erhöhte Kollagenproduktion erleben.
Da Kollagenmoleküle aufgrund ihrer Größe nicht in die Oberfläche Ihrer Haut eindringen können, dachte man sich: Lass sie in kleinere Stücke zu zerlegen! So waren die Peptide geboren. Mehrere Tierversuchsstudien legen nahe, dass ein kleiner Prozentsatz von Kollagenpeptiden mit einem niedrigen Molekulargewicht möglicherweise in die Epidermis eindringen kann.
Es gibt jedoch zwei wichtige Einschränkungen:
- Keine substantiellen Studien am Menschen unterstützen diese Ergebnisse
- Die erfolgreiche Aufnahme von Kollagenpeptiden in die Dermis scheint von der Biokompatibilität und Antigenität abzuhängen. Das heißt, von der Fähigkeit von Kollagenpeptiden, eine Immunreaktion hervorzurufen. Und die kann von Kollagencreme zu Kollagencreme und von Person zu Person unterschiedlich sein.
Welche Risiken und Kritikpunkte gibt es bei Kollagen?
Zwischenfazit: Obwohl Kollagen in der Hautpflege weit verbreitet ist, gibt es auch einige kritische Stimmen. Kollagenmoleküle sind womöglich zu groß, um in tiefere Hautschichten einzudringen, und dass die äußere Anwendung daher möglicherweise nicht die gewünschten Ergebnisse liefert.
Darüber hinaus gibt es Bedenken hinsichtlich der Herkunft von tierischem Kollagen, das häufig in Hautpflegeprodukten verwendet wird. Tierische Kollagenquellen wie Rinderknochen oder Fischhaut können ethische und ökologische Fragen aufwerfen, insbesondere für Menschen, die eine vegane oder tierfreundliche Lebensweise bevorzugen.
Vegane Alternativen zu tierischem Kollagen
Für diejenigen, die tierische Produkte meiden möchten, gibt es mittlerweile vegane Alternativen zu traditionellem tierischem Kollagen. Diese Alternativen enthalten oft pflanzliche Inhaltsstoffe, die die natürliche Kollagenproduktion der Haut anregen können. Dazu gehören Vitamin-C-reiche Früchte und Gemüse, Aminosäuren aus pflanzlichen Proteinquellen sowie Antioxidantien, die die Haut vor Schäden schützen und die Kollagenproduktion fördern können.1
Eine Studie untersuchte die Wirksamkeit einer veganen Kollagencreme im Vergleich zu einer herkömmlichen Kollagencreme. Die Ergebnisse zeigten, dass beide Cremes ähnliche Ergebnisse bei der Verbesserung der Hautfeuchtigkeit und -elastizität erzielten. Was wiederum darauf hindeutet, dass vegane Alternativen genauso wirksam sein können wie tierische Produkte. Heißt: Beide kurbeln nicht die kollageneigene Erstellung des Körpers an, sondern füllen die Feuchtigkeitsdepots der Haut auf. Das wiederum kann auch Trockenheitsfältchen minimieren und vorbeugen.
Alternative Inhaltsstoffe
Retinol
Forschungsergebnisse zeigen, dass Retinol2 einen doppelten Effekt auf die Haut hat, indem es kollagenproduzierende Fibroblasten stimuliert und die Produktion von Kollagenase blockiert, einem Enzym, das Kollagen abbaut.
Zudem ergab eine weitere klinische Studie3 aus dem Jahr 2015, veröffentlicht im Journal of Drugs in Dermatology, dass die tägliche Anwendung eines Retinol-Produkts über ein Jahr hinweg das Auftreten von Krähenfüßen bei Frauen zwischen 40 und 55 Jahren um 44 % reduzierte.
Vitamin C
Ähnlich wie Retinol zeigt auch die Forschung4, dass Vitamin C die körpereigene Produktion von Kollagen anregen kann, wodurch die Haut straffer und elastischer wird und sie praller und hydratisierter bleibt.
Eine klinische Studie aus dem Jahr 20035, veröffentlicht im Journal of the American Academy of Dermatology, zeigte, dass die tägliche Anwendung von topischem Vitamin C über vier Monate hinweg zu einer signifikanten Zunahme der Dichte der dermalen Papillen, der obersten Schicht der Dermis, führte.
Niacinamid
Eine Vielzahl von Studien zeigt, dass topisches Niacinamid die Synthese von dermalem Kollagen fördert, während es dessen Abbau hemmt. Laut einer klinischen Studie aus dem Jahr 20056, führte die zweimal tägliche Anwendung von topischem Niacinamid über 12 Wochen zu signifikanten Reduzierungen von feinen Linien und Falten sowie Verbesserungen der Hautelastizität.
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Was sagt der Verbraucherschutz?
Der Verbraucherschutz hat sich explizit noch nicht zur topischen Anwendung von Kollagen geäußert, kritisiert aber die Wirkversprechen der oralen Einnahme stark.
Werbung für Kollagen-Getränke oder Nahrungsergänzungsmittel verspricht oft eine elastische Haut mit jugendlicher Spannkraft. Doch dürfen diese Behauptungen überhaupt gemacht werden? Es ist kompliziert! Während kosmetische Effekte beworben werden dürfen, müssen gesundheitsbezogene Aussagen gemäß der Health Claims-Verordnung (HCVO) behördlich genehmigt sein. Das gilt auch für sogenannte „Beauty-Produkte“. Bisher wurden viele Werbeaussagen zu Kollagen von Gerichten als gesundheitsbezogen eingestuft und daher als rechtswidrig angesehen, da sie nicht ausreichend belegt waren.
Das betrifft Aussagen wie „für ein strafferes Hautbild“, „Kollagen hat eine hautglättende Wirkung“, „ernährt Ihre Haut“ oder „für das Stützgerüst unserer Haut“ sowie „wirkt von innen heraus“ und „weniger sichtbare Falten“. Hersteller und Verkäufer dürfen Produkte mit Kollagen (Nahrungsergänzungsmittel sind Lebensmittel) nicht mit solchen Aussagen bewerben. Auch Bezeichnungen wie „Hautlifting-Drink“ oder „Anti-Aging-Drink“ sind im Sinne der HCVO unzulässig, da sie nicht ausdrücklich genehmigt wurden.
Es gäbe laut dem Verbraucherschutz wohl einige Studien, die eine geringfügige Verbesserung der Faltentiefe und Hautelastizität durch die Einnahme von Kollagen zeigen. Jedoch ist für sie fraglich, ob diese subtilen Veränderungen mit bloßem Auge wahrnehmbar sind oder zu einem „jüngeren“ Aussehen führen. Derweil hat die EU gesundheitsbezogene Angaben zu Kollagen in Lebensmitteln, aufgrund unzureichender wissenschaftlicher Beweise, abgelehnt.
„Fun Fact“: Um das Werbeverbot für Kollagen zu umgehen, fügen Hersteller ihren Produkten fast immer Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe hinzu. Was hingegen wissenschaftlich belegt ist, ist, dass bestimmte Nährstoffe wie Kupfer, Jod, Biotin, Niacin, Riboflavin (B2), Vitamin A, Vitamin C und Zink Funktionen im Hautstoffwechsel haben.