14. März 2018, 10:34 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Mit 19 gewann die damalige Schülerin aus Erding die vierte Staffel von Heidi Klums „Germany’s Next Topmodel“ – als erste dunkelhäutige Kandidatin überhaupt. Seitdem hat sich für die heute 28-Jährige so einiges verändert: Auf die Model-Karriere folgten einige Abstecher in die Fernseh- und Moderatoren-Branche, in Kampagnen und Spots sah man Nuru in den vergangenen Jahren immer seltener. Bleiben die großen Aufträge etwa aus oder steckt doch etwas anderes hinter ihrem Rückzug ins Private?
Nach dem Sieg 2009 folgte eine Bilderbuch-Karriere als international gebuchtes Model: Berlin, London, Paris, New York. Mit der Zeit war Sara dann immer weniger auf Szene-Partys anzutreffen, und verbrachte immer mehr Zeit mit ausgewählten Charity-Projekten. Heute lebt sie in Berlin und nennt sich selbst Jungunternehmerin. STYLEBOOK sprach mit der Powerfrau über ihre Wurzeln, ihre Karriere(n) und die Sinnhaftigkeit ihres Lebens abseits des Catwalks.
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Neun Jahre nach GNTM-Sieg
Neun Jahre ist es her, dass die damals 19-Jährige die vierte Staffel von „Germany’s Next Topmodel“ gewann. Spricht man sie heute darauf an, muss die Wahl-Berlinerin erst einmal schlucken. So viele Jahre sind seitdem vergangen, und so viele Dinge sind passiert. Damals ist Sara eine Schülerin, die für drei Monate den großen Model-Traum lebt, ein Abenteuer: „Es war toll, zu reisen und so lange auf engstem Raum mit den Mädchen zusammenzuwohnen, ein bisschen wie im Schullandheim“, erinnert sie sich. „Die Sendung war ein Super-Sprungbrett und eine gute Schule, aber alles, was ich gelernt habe und woran ich gewachsen bin, ist in den letzten neun Jahren passiert, also eigentlich erst nach meiner Zeit bei GNTM.“
Auf das Finale folgt ein monatelanger Hype um die frisch gebackene Gewinnerin: „Direkt nach dem Sieg bin ich nur gereist, war ständig im Ausland und nie zu Hause. Ich hatte das großes Glück, dass ich mich auch in der Schauspielerei und Moderation ausprobieren konnte.“ Doch schon bald merkt Sara, dass die Unterhaltungs- und Modebranche sie nicht erfüllen, und dass sie in der Öffentlichkeit nicht nur auf eine Art und Weise wahrgenommen werden möchte.
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Vom Model zur Charity-Botschafterin
Als Sara mit den beiden anderen Finalistinnen nach Deutschland zurückkommt, liegen bereits die ersten Jobangebote vor. Karlheinz Böhm will Nuru als Jungbotschafterin für seine Äthiopienhilfe „Menschen für Menschen“ engagieren. Mit Hilfe ihrer neugewonnenen Zielgruppe und Reichweite soll das Model die Stiftung unterstützen, um junge Menschen für soziales Engagement zu motivieren. „Ich fand das Projekt sehr toll, aber ich wollte nicht einfach mein Gesicht für eine Organisation hinhalten, um mein Image aufzupolieren“, sagt Sara heute. Ihre Bedingung: „Ich wollte die Arbeit vor Ort sehen und wirklich verstehen, was die machen.“
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Wenige Monate nach ihrem Finalsieg fliegt Sara dann im Auftrag der Stiftung in ihr Heimatland Äthiopien – eine Reise, die ihr Leben nachhaltig beeinflussen wird: „Die Zustände, die Armut abseits der Großstädte, das hat mich so sehr geerdet, denn dort habe ich gesehen, wie viel die Organisationen bewegen können.“ Von Äthiopien fliegt die gebürtige Bayerin direkt zu ihrer ersten Fashion Week nach New York City, besucht Castings, Fashion-Shows und Foto-Shootings: „Noch mehr Kontrast ging nicht.“ Eine turbulente Zeit für die damals 19-Jährige.
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Erfolgreich im Fair-Trade-Coffee-Business
In den darauffolgenden Jahren wird es ruhiger um das junge Model, Sara konzentriert sich auf die karitative Arbeit und tritt nur selten öffentlich in Erscheinung. 2012 sehnt sie sich nach einem Tapetenwechsel – die kulturelle Vielfalt Berlins lockt sie in die deutsche Hauptstadt. Sie zieht sich immer mehr aus der Öffentlichkeit zurück, sagt Events und Jobangebote ab. 2015 spricht sie in einem TED-Talk öffentlich über ihre äthiopischen Wurzeln und ihre persönliche Identität. Im Interview mit STYLEBOOK erzählt sie weiter: „Es war eine bewusste Entscheidung, mich in der Öffentlichkeit zurückzunehmen. Ich interessiere mich privat nicht so sehr für Mode und habe einfach irgendwann gemerkt, dass ich etwas Sinnvolles sagen möchte, wenn die Menschen mir schon zuhören“. Heute modelt Sara nur noch für wenige, ausgewählte Kunden.
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Stattdessen nennt sie sich auf ihrer Instagram-Seite jetzt Entrepreneur, gemeinsam mit ihrer Schwester macht sie sich 2016 selbständig und zieht ein eigenes Business auf – ganz ohne akademische Ausbildung. Mit NuruCoffee möchten Sara und ihre Schwester Sali das Ursprungsland des Kaffees und benachteiligte Frauen in Äthiopien unterstützen, auf Augenhöhe mit ihnen zusammenarbeiten. Dreieinhalb Jahre Recherche waren nötig, um den langen Weg vom Anbau der Kaffeekirsche bis zur Röstung und Aufbereitung der Bohnen zu verstehen, und auf nachhaltige Weise in eigene Wege zu leiten. Heute verschiffen die Schwestern ihren eigenen Fair-Trade Kaffee nach Deutschland, für ihr Herzensprojekt NuruCoffee hat Sara das schnelllebige Model-Leben gegen einen Bürojob getauscht.
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So sieht der Alltag von Sara Nuru jetzt aus
Heute hört sich ihre Alltagsplanung vergleichsweise normal an: „Ich bin jeden Tag gegen halb zehn im Büro und bleibe dort den ganzen Tag. Viele Menschen denken, dass ich jetzt weniger arbeite, weil ich kaum in der Öffentlichkeit auftrete. Aber das Gegenteil ist der Fall, ich arbeite eigentlich viel mehr als vorher, weil ich neben dem Modeln noch einen Büro-Job mache und mich nicht nur damit beschäftige, wie hübsch ich bin.“ Die soziale Arbeit erfüllt Sara. So sehr, wie es das Modeln nie konnte. Sara Nuru weiß, wo sie herkommt und wo sie hinwill: „Neun Jahre nach GNTM möchte ich ganz klar nicht, dass meine Geschichte damit endet, dass ich bei dieser Show mit gemacht habe. Denn das war erst der Anfang.“
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