16. Mai 2020, 14:37 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Manuela Schwesig, Kylie Minogue, Sylvie Meis: Ihre Krebserkrankungen machten sie öffentlich – und damit vielen Menschen Mut.
Manuela Schwesig wird aktuell mit Herzchen und Likes überflutet. Seit die Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns mit einem gefühlsbetonten Video am Mittwoch in den sozialen Medien verkündet hat, dass sie nach monatelanger Krebsbehandlung nun als geheilt gilt, erfährt sie viel Zuspruch. In den Kommentarspalten, in denen sonst viel Hass und Häme versprüht wird, findet sich Unterstützung und Austausch. Viele melden sich zu Wort, die ein ähnliches Schicksal trifft – und die sich offensichtlich durch den Fall der SPD-Politikerin ermutigt fühlen.
Positives Feedback für offene Worte
Prominente und Politiker bedanken sich für Schwesigs Offenheit und zeigen ihr Mitgefühl. „Es freut mich sehr für Sie und Ihre Familie, heute Ihre frohe Botschaft zu hören. Bleiben Sie behütet. In besonderer Verbundenheit“, schreibt etwa Mike Mohring, Thüringens CDU-Vorsitzender, der im Januar 2019 in einem Facebook-Video seine eigene Krebserkrankung öffentlich gemacht hatte.
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„Wir sehen zunehmend, dass ernste Themen wie Krankheiten in den Sozialen Medien behandelt werden“, sagt Stephan Winter, Professor für Medienpsychologie an der Universität Koblenz-Landau. „Das trifft nicht nur auf Prominente zu, sondern auch auf Privatpersonen, die öffentlich mit ihrer Krankheit umgehen – und das auch nutzen, um ihr Schicksal selbst zu verarbeiten.“
Trend zur Personalisierung
Gerade auch in der politischen Kommunikation sei ein Trend zur Personalisierung zu erkennen: Es sei zunehmend normal, dass Politiker persönliche Informationen preisgegeben. „Ein Grund ist, dass Prominente auf diese Art und Weise das Gefühl haben, selbst die Kontrolle über das zu haben, was an die Öffentlichkeit dringt und was nicht“, erklärt Winter.
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Gleichzeitig sei zu beobachten, dass Hasskommentare und politische Grabenkämpfe unter persönlichen Postings eine geringere Rolle spielen. „Denn der Politiker oder Prominente erscheint hier nicht als politischer Gegner, sondern auf einer verbindenden menschlichen Ebene. Krankheit kann jeden treffen. Diese Gemeinsamkeit der Menschen spielt dabei eine wichtige Rolle.“ So seien auch nach dem Bekanntwerden der Covid-19-Erkrankung des oft polarisierenden britischen Premiers Boris Johnson auffallend wenig hämische Bemerkungen abgegeben worden.
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Auch Promis öffnen sich
Einen offenen Umgang mit der eigenen Erkrankung pflegen nicht nur Schwesig, Mohring und andere Politiker, auch Stars wie das Model Sylvie Meis, die Sängerin Kylie Minogue, die Moderatorin Sharon Osbourne und Anastacia kommunizierten offen über ihr Leben mit und nach dem Krebs. Für viel Aufmerksamkeit sorgte US-Schauspielerin Angelina Jolie im Jahr 2013. Aus Angst vor einer Krebserkrankung ließ sie sich vorsorglich die Brüste abnehmen, wenige Zeit später auch ihre Eierstöcke entfernen – und sprach öffentlich darüber. Für ihre radikale Krebsvorsorge erhielt sie einerseits viel Zuspruch. Einige Krebsärzte warnten allerdings davor, dass ihr Beispiel eine „Epidemie“ von Brustamputationen nach sich ziehen könne.
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Winter geht davon aus, dass das Teilen sensibler Informationen aus dem Leben von Prominenten und Politikern in den Sozialen Medien insgesamt zu einem offeneren Umgang mit Krankheit und Leid in der Öffentlichkeit führen könnte. Allerdings warnt er vor dem möglichen Druck: „Es kann eine Erwartungshaltung an Politiker und Prominente entstehen, diese Dinge mit der Öffentlichkeit zu teilen.“ Das gelte es zu vermeiden – schließlich sei der offene Umgang mit dem eigenen Leid nach wie vor eine persönliche Entscheidung.
Mit Material von dpa