19. März 2019, 8:58 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Nach ihrem Sieg als erste farbige Kandidatin bei „Germany’s Next Topmodel“ vor zehn Jahren war Sara Nuru auf den Laufstegen dieser Welt zu sehen, Designer rissen sich um das junge Talent. Heute steht die 29-Jährige nur noch für ausgewählte Projekte vor der Kamera, arbeitet ansonsten gemeinsam mit ihrer Schwester für ihre eigene NGO und baute ein Kaffee-Startup auf. STYLEBOOK sprach mit Nuru anlässlich ihres einjährigen Firmenjubiläums über ihr Verhältnis zum Modeln, Gleichberechtigung in der Arbeitswelt und ihre eigene Familienplanung.
Aktuell sieht man Sara in der Kampagne „We All“, für die der Modekonzern Esprit sechs Botschafter zum Thema Vielfalt, Gleichstellung von Frauen (und Männern!) gewinnen konnte. Neben Nuru posieren Body Positivity-Aktivistin Melodie Michelberger, Tatjana Patitz, Supermodel der 90er und Naturaktivistin, „Rolemodels“-Podcast-Gründer und Moderator David Noël und die Gründerinnen Corinna & Theresa Williams aus New York für mehr Chancengleichheit. Auf einem limitierten T-Shirt, dessen Erlös zu hundert Prozent an das UN Women National Komitee Deutschland fließt, tragen sie den „We all“-Print als eingängige wie verständliche Message.
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Dass Gleichberechtigung nach wie vor alles andere als selbstverständlich ist, weiß auch ein so erfolgreiches Model wie Sara Nuru – auch, wenn sich zum Glück nie selbst mit rassistischen oder frauenfeindlichen Äußerungen auseinandersetzen musste. Tatsächlich ist in einer Szene, die sich gerade in den letzten Monaten in Diversität versucht, echte Vielfalt immer noch die Ausnahme: „Ich hatte damit auch dank GNTM nie ein wirkliches Problem, aber ich weiß von vielen dunkelhäutigen und auch asiatischen Kolleginnen, die aufgrund ihrer Hautfarbe nicht gebucht werden.“ Auch wenn sich diese Haltung langsam wandle und gerade die nächste Generation der Supermodels durch Individualität punkte, gebe es noch viele anderen Themen in der Modebranche, an denen gearbeitet werden müsse, so Sara.
„Ich wurde oft erstmal falsch eingeschätzt“
Doch nicht nur die Optik ist Thema in der Branche, auch klassisches Schubladendenken gehört zum Model-Alltag: „Ich wurde in der Vergangenheit häufig erstmal falsch eingeschätzt“, erzählt die 29-Jährige. Ihre Rolle als Businessfrau habe heute auch ihr Verhalten in der Kommunikation mit den Marken verändert, die sie engagieren wollen: „Die Menschen sind oft überrascht: Ich weiß, was ich möchte, und ich sage es auch. Es gefällt auch den Brands, wen jemand mitdenkt.“
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Ein Jahr Unternehmerin
Tatsächlich ist das Modeln nur noch ein Teil von Saras Leben, beruflich ist sie breit aufgestellt: Seit mittlerweile einem Jahr widmet sie sich gemeinsam mit ihrer Schwester ihrem eigenen Business, auch wenn sie nie BWL studiert hat. Ihr Ziel: Mit NuruCoffee das Ursprungsland des Kaffees unterstützen und auf Augenhöhe mit den Menschen vor Ort zusammenarbeiten. Die Einkünfte aus dem Kaffeehandel unterstützen das zweite Unternehmen der Schwestern, die Organisation NuruWomen, die Frauen mit Mikrokrediten unterstützt. Längst verschiffen die Schwestern ihren eigenen Fair-Trade-Kaffee nach Deutschland, für ihr Herzensprojekt NuruCoffee hat Sara das schnelllebige Model-Leben gegen einen klassischen Nine-to Five-Job getauscht. „Dieser Erfahrung und die neue Rolle als Unternehmerin haben mich persönlich wachsen lassen“, resümiert sie nach dem ersten Jahr.
Das eigene Business ist ihr Baby
„Ich fühle mich wie eine Mutter… Nurucoffee ist mein Baby“, sagt Sara. Neben der beruflichen Erfüllung steht für sie aber auch das private Glück ganz oben: „Am Ende sind es die Familie und die Freundschaften, die zählen. Früher oder später möchte ich auch eine Familie gründen.“ Privat sei Sara, die angeblich mit ihrem Freund in Berlin lebt, sehr glücklich: „Ich möchte auf jeden Fall Kinder bekommen, aber momentan steht das Wachstum mit dem Unternehmen im Vordergrund.“ Nur im Fall, dass ihre Schwester Sali, mit der sie eng zusammen arbeitet, in der Familienplanung vorlege, wolle sie schnell nachziehen…
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„Ich hatte keine Lust mehr auf den Model-Job allein“
Inzwischen beschäftigen die beiden Frauen im Berliner Büro einen Werkstudenten und zwei Praktikanten – Tendenz steigend, 2019 wollen sie weiter wachsen. Das Unternehmertum kam zu einem Zeitpunkt, an dem das Modeln ihr nicht mehr die Befriedigung gab wie zu Beginn ihrer Karriere. Das sieht inzwischen ganz anders aus: „Mittlerweile genieße ich jedes Shooting!“
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Drei Tipps für junge Gründerinnen
Sara schätzt die Abwechslung zwischen ihrem Bürojob und aufregenden Model-Engagements. Jungen Frauen empfiehlt sie, bei der Unternehmensgründung immer ehrlich zu sich zu sein: „Es ist wichtig, sich klarzumachen, dass man nicht alles kann. Seine Stärken – und Schwächen – zu kennen, ist dabei essentiell“, so die junge Unternehmerin. Sich früh Hilfe für jene Dinge zu holen, die man selbst nicht kann, sei wichtig und habe nichts mit Schwäche zu tun, im Gegenteil: Man sollte sich Mentoren suchen, denn sich zu vernetzen und Synergien zu schaffen, sei das wichtigste. „Ich habe es selbst in einem Ratgeber gelesen und kann es jedem nur empfehlen: Rede über deine Idee, hab keine Angst dass sie geklaut wird“. Man wisse schließlich nie, wen man trifft – es könnte ja auch ein zukünftiger Investor sein.