9. Oktober 2017, 15:29 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Unrasierte Beine! Das allein reicht anscheinend, um in den sozialen Netzwerken für Aufregung zu sorgen. Doch die 26-jährige Schwedin Arvida Byström hat mit ihrem unangepassten Auftreten für die Adidas-Superstar-Kampagne mehr als nur ein paar abfällige Kommentare geerntet.
Man sollte meinen, dass es sich im Jahr 2017 herumgesprochen hat, dass veraltete Schönheitsideale genau das sind: veraltet, überholt und mittlerweile durch Vielfältigkeit und Weltoffenheit ersetzt. Aber: Mal wieder zeigt sich, dass besonders im Netz weiterhin Engstirnigkeit und verbale Hemmungslosigkeit vorherrschen. Anders lässt sich nicht erklären, dass eine junge Frau aufgrund ihrer unrasierten Beine beschimpft, gemobbt und sogar mit Vergewaltigungsdrohungen überschüttet wird.
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Adidas-Kampagne löst Shitstorm aus
Um die Schuhe mit den drei Streifen zu bewerben, verpflichtete Adidas Social Media-Persönlichkeiten, Rapper, Musiker, Klima-Aktivisten, eine Skaterin und eben auch die Fotografin/Model/Künstlerin Arvida Byström. Auf ihrem Instagram-Account beweist die blonde Schwedin schon länger, dass sie nicht den gängigen Rollenbildern und Vorstellungen von Schönheit folgt. Arvida zeigt sich dort ganz normal, d.h. ohne Photoshop anzuwenden oder den richtigen Winkel zu finden, um in einem möglichst perfekten Licht ihr Selfie zu knipsen. Das Resultat: ihr ungeschminktes Gesicht, das Dekolleté inklusive kleiner Pickel, Oberschenkel mit Cellulite und selbstverständlich auch Körperbehaarung. Dichte Achsel- und Schambehaarung die nicht jedem gefallen muss, aber letztlich als ihre Entscheidung akzeptiert werden sollte. Genau diese haarigen Beine sind auch auf den Werbebildern zu sehen und laut Frau Byström waren fiese Kommentare, Beleidigungen und Gewaltandrohungen die Folge. „Mein Foto von der Adidas-Kampagne hat zu vielen schlimmen Kommentaren geführt. (…) Ich habe wortwörtlich Vergewaltigungsdrohungen in meinem Posteingang bekommen“, schrieb sie unter das Werbefoto auf ihrem Account.
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Überholte Schönheitsideale und Internet-Trolle
Normalerweise würde die Werbestrecke des Schuhgiganten Adidas als mutig, modern, alternativ und edgy gehyped werden. Doch die Online-Reaktionen darauf zeigen, dass man eher darauf hinweisen muss, dass es eben nicht mutig und cool sein sollte, Normalität und unbearbeitet Bilder zu zeigen. Der Trend hin zu Natürlichkeit ist sicherlich nicht neu, auch Stars wie Paris Jackson (19) widersetzen sich den Vorgaben, was attraktiv und akzeptiert ist. Umso mehr man also hervorhebt, wie unkonventionell etwas ist, unterstreicht man auch, dass es nicht der Normalität entspricht und nährt unbeabsichtigt weiterhin Vorurteile und veraltete Rollenklischees. Außerdem suggeriert es, ‚Oh, wie kurios, normwidrig und andersartig sind die denn‘. Und daraus stricken sich Internet-Trolle — wie in dem Fall von Model Arvida Byström — dann die Legitimierung für ‚Oh, wie abartig ist die denn‘-Hass-Kommentare. Sie fühlen sich bestätigt, weil angeblich Mut nötig sei, sich als moderne Frau der abwegigen Alternative hinzugeben, eben nicht die Körperhaare akribisch zu entfernen, die Bikinizone zu waxen oder die Orangenhaut via Bildbearbeitung zu retuschieren.
Die PR-Kampagne von Adidas hat neben den Retro-Sneakers auch diese Diskussion wieder ins Bewusstsein gerufen. Arvida Byström wird sich bestimmt nicht dem negativen Feedback unterordnen (immerhin beschäftigt sie sich schon länger mit Feminismus und Genderfragen und erntete dafür häufig Kritik) und nicht jeder wird nun selbstbewusst die eigenen Haare sprießen lassen. Aber ein paar Menschen werden nun vielleicht etwas entspannter mit dem Thema umgehen und zukünftig eher mit einem schlichten Achselzucken honorieren.
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