17. Januar 2018, 17:31 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Es ist wieder Berlin Fashion Week. Doch dieses Mal stellt sich die Frage: Lohnt sie sich? Denn seit sich Mercedes Benz im Sommer 2017 als Hauptsponsor der Modewoche zurückgezogen hat, wirkt die diesjährige Fashion Week in der deutschen Hauptstadt ruhiger, unglamouröser, chaotischer und auch widersprüchlicher als sonst. STYLEBOOK-Redakteurin Pia Sundermann zieht Bilanz.
In diesem Jahr ist bei der Berlin Fashion Week (15. bis 18. Januar 2017) vieles anders. Es soll mehr um das Geschäft und weniger um das Feiern gehen. Das ist zumindest das Konzept vom alten-neuen Sponsor Mercedes Benz, der sich jetzt mehr um den Aufbau von Jungdesignern kümmern möchte. So gibt es dieses Mal zwei Mode-Plattformen: Zusammen mit der Berliner Event-Agentur Nowadays findet die „MBFW“-Woche (Mercedes Benz Fashion Week) im Berliner „E-Werk“ statt. Hier präsentieren jetzt ausschließlich Designer und Labels aus Deutschland wie Dawid Tomaszewski, Riani, Marc Cain, Sportalm Kitzbühel oder auch Bogner.
Und weil ja Mercedes Benz für die Absage an die alte Fashion Week im Sommer 2017 den Grund genannt hatte, in Zukunft ausschließlich den Nachwuchs fördern zu wollen, gibt es noch die Plattform „Fashion Hab“ (Halle unterm Berghain), wo ausschließlich Jungdesigner aus Deutschland und dem Ausland zeigen wollen, unter anderem ist auch Damir Doma dabei Doch streng genommen ist dieser gar kein Jungdesigner mehr, schließlich präsentierte er seine Kollektionen schon erfolgreich in Mailand und Paris. Und das Nachwuchslabel Callisti feierte sein Laufsteg-Debüt hingegen im „E-Werk“.
So weit, so verwirrend.
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Chaos vor, während und nach den Schauen
Das zweite Problem: das viel zu kleine „E-Werk“. So herrschte bei Dawid Tomaszewski am Montagabend dichtes Gedränge vor der Location. Der Eingang ist kaum größer als ein Nadelöhr. Würde hier Panik ausbrechen: Na dann, gute Nacht. Einmal sich reingezwängt, durfte man sich über einen Sitzplatz glücklich schätzen. Ein Redakteur von der „Morgenpost“ berichtete mir am nächsten Tag, dass er trotz fester Sitzkarte in der First Row (Anm. d. Red.: In der ersten Reihe sitzen ausschließlich wichtige Journalisten, Chefredakteure und Prominente) nicht zur Show reingelassen wurde, wie auch 179 (!) weitere eingeladene Gäste. Angeblich seien sie zu spät erschienen.
Leider kein Einzelfall, was die schlechte Organisation betrifft. Eine STYLEBOOK-Kollegin wurde zur Riani-Show am Dienstag ins E-Werk eingeladen. Ihr wurde am Eingang ein Free Seating (freie Platzwahl) zugeteilt. Obwohl die Kollegin pünktlich erschien, durfte sie sich die Show dann doch nicht anschauen! Nach über einer halben Stunde Warten im Regen, hieß es von den Organisatoren, dass nur die Gäste mit festen Sitzplätzen reinkommen. Alle anderen durften sich die Show dann in der benachbarten Lobby via Livestream anschauen. Sogar ein Fernsehteam wurde in die Lobby abgeschoben. Die Reaktion der Gäste zweiter Wahl? Ignoranz der Live-Show und großer Missmut gegenüber der mbfwberlin-Organisatoren.
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Fashion Week Glamour? Von wegen!
Und wo waren eigentlich die großen Namen der Journalisten und die internationalen Promis? Lediglich bei der Show der Beautymarke Maybelline wird das brasilianische Supermodel Adriana Lima (36) erwartet. Stattdessen saßen in der Front Row viele, zum Teil unbekannte, Influencer in der ersten Reihe. Sogar die österreichische Designerin Lena Hoschek (36), die seit langem auf der Berlin Fashion Week dabei ist, äußerte sich kritisch. Sie berichtete den Kollegen von BILD, dass für sie das Berlin Fashion Week-Publikum eher „schrottig“ sei und dass ihr die Exklusivität fehle.
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Steht die Berlin Fashion Week wirklich vor dem Aus? Sie war nie so bedeutend und erfolgreich wie die Fashion Weeks in Paris, Mailand, London und New York. Berlin wollte cooler, hipper, streetstyliger sein. Das war zumindest das Konzept zu Beginn der Fashion Week im Jahr 2007. Momentan erscheint es so, als wüsste die Berlin Modewoche selbst nicht so genau, wohin die Reise geht: Ein bisschen Jungdesigner, ein wenig bekannte Designer – nichts Halbes und nichts Ganzes. Der deutsche Star-Designer Wolfgang Joop (73), der in den 80er-Jahren auch international eine große Nummer war, wusste hingegen schon vor zwei Jahren, dass die Berlin Fashion Week kein Potenzial hat: Es würden lediglich „praktische, nette, kleine Kleider für Nachwuchsschauspielerinnen für den roten Teppich hingeschustert“, wie er der B.Z. damals mitteilte. Es bleibt abzuwarten, ob und wie sich die Berlin Fashion Week im Sommer aufstellen wird.
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