12. August 2016, 12:53 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Gesunde Ernährung ist für viele von uns zu einer Art Ersatzreligion geworden. Wir springen auf Food-Trends auf und verbieten uns mal Fleisch, mal Kohlehydrate oder überhaupt gleich jeden Genuß. Wie wenig Sinn das macht – und welche Essensfragen wir uns wirklich stellen sollten, hat uns eine Expertin im Interview verraten.
Egal ob Superfoods, glutenfreie Ernährung, Low-Carb oder Detox-Smoothies – mittlerweile gibt es fast jeden Monat einen neuen Food-Trend, auf den wir aufspringen. Nicht zuletzt, weil gesundheitsbewusste, attraktive Promis uns ihren Clean-Eating-Lifestyle auf wunderschön inszenierten Instagram-Posts vorleben. Doch braucht unser Körper das alles wirklich?
„Nein“, sagt Food-Expertin Melanie Mühl, die mit Psychologin Diana von Kopp den Ratgeber „Die Kunst des klugen Essens – 42 verblüffende Ernährungswahrheiten“ geschrieben hat. „Wir beschäftigen uns heute zu viel mit Verboten. So verlieren wir den Spaß und den Genuß am Essen.“, so die Autorin. Das Problem: Wir seien beim Thema Ernährung übersensibilisiert, haben aber oft nicht mehr als ein Halbwissen. „Viele lassen sich Angst und Panik einreden“, erklärt Mühl. Und genau damit wolle sie jetzt Schluss machen.
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Hier fünf überraschende Ernährungswahrheiten aus dem Buch:
1. Superfoods sind nur ein Werbetrick
„Hinter vermeintlichen Superfoods steckt eine gigantische Marketingmaschinerie“, so Mühl. Fakt ist, dass Lebensmittel wie Goji Beeren oder Chia-Samen industriell angebaut werden und oft überhöhte Pestizid-Mengen enthalten. Besser, so die Autorin: „Achten Sie weniger auf Labels oder auf Dinge, die fancy klingen, als darauf, was Ihnen schmeckt oder eben nicht und was Ihnen wirklich guttut. In Superfoods wird etwas hineininterpretiert, was es einfach nicht ist. Wir haben ja auch gutes, regionales Gemüse. Auch eine Karotte ist Superfood.“
2. Wir sollten nicht auf Ernährungs-Trends reinfallen
Es ist eine Tatsache, dass Kohlenhydrate NICHT böse sind, wie gerne propagiert wird. Sie enthalten z.B. weniger Kalorien als Fett. Trotzdem gilt Paleo, also das fast vollständige Weglassen von Kohlenhydraten, noch immer als DER Food-Trend. Gleiches gilt für die glutenfreie Ernährung, die zum Milliarden-Geschäft wurde. Dabei führen Gluten nur bei einem von hundert Menschen zu einer Erkrankung des Dünndarms. „Die Ernährungs-Wissenschaft sagt gerne ,Das ist jetzt genau das Richtige‘, aber so einfach ist das nicht. Es gibt neue, sehr gute Studien, die beweisen, dass Diäten nicht funktionieren. Das, was beim einen klappt, funktioniert bei anderen vielleicht überhaupt nicht. Ernährung ist etwas extrem Individuelles, daher kann man nicht alle über einen Kamm scheren“, erklärt Mühl im Interview.
3. Bio ist nicht automatisch gesund
Ob Bio, Fair-Trade, ballaststoffreich oder gesundheitsfördernd – beim aktuellen Etikettierungs-Wahnsinn wüsste man oft gar nicht mehr, was stimmt und was nicht. Für Siegel wie „fair gehandelt“, „naturnah“ oder „aus kontrolliertem Anbau“ gibt es keine staatlich geschützte Norm, geschweige denn eine Öko-Garantie. „Kaufen Sie am besten saisonales Obst und Gemüse und achten Sie generell eher darauf, was in Ihrer Umgebung wächst und was regionale Bauern gerade anbieten. Das ist wichtiger, als ob etwas bio ist oder nicht“, empfielt Melanie Mühl.
4. Attraktiven Ernährungs-Experten sollte man eher misstrauen
Warum wir vermeintlichen Food-Experten wie Promis à la Gwyneth Paltrow vertrauen, ist ganz einfach erklärt: Sie sehen gut aus und haben den perfekten Körper – und das verleiht ihnen Autorität und Glaubwürdigkeit. Psychologen nennen das den „Halo-Effekt“ (dt. Heligenschein). „Promis geben teilweise wirklich absurde Tipps. Die haben sich sicher etwas mit dem Thema beschäftigt, verdienen aber damit vor allem ihr Geld und arbeiten dafür mit bestimmten Firmen zusammen“, erklärt Mühl.
5. Detox ist Unsinn
Nicht zuletzt auch wegen gesundheitsbewusster Promis ist Detox ein großer Trend. Aktuell ist dauernd von der „Notwendigkeit der Körperreinigung die Rede“, wie Mühl in ihrem Buch schreibt. Detox sei die neue Buße nach Sünden wie Zucker, Weizen, Kaffee oder Keksen. Fakt ist aber, da der menschliche Körper über ein effizientes Entgiftungssystem verfügt. Leber, Nieren und die Haut erledigen diesen Job.
Sehen Sie das ganze Interview im Video: